Ein wenig gespenstisch sah es schon aus, was da in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem Rastplatz vor sich ging. Umringt von über 30, zum Teil mitten auf der Fahrbahn stehenden Zuschauern führte eine kleine Schar mehr oder weniger gut verkleideter „Schauspieler“ im Lichtkegel eines Reisebusses ein kleines Theaterstück auf. Erwischt hatte es die acht Jüngsten im Auerbacher Team und gegeben wurde eine launige doch ernst gemeinte Version der Weihnachtsgeschichte. Die Aufführung war Teil der schon kurz nach Ende der Partie begonnenen Weihnachtsfeier der Oberpfälzer.
Dass dieser ein äußerst wichtiger Auswärtssieg vorangegangen war, machte es den Teilnehmern nur noch einfacher, in die nötige Stimmung zu kommen. Doch wie so oft stand auch hier die Arbeit vor dem Vergnügen. Auerbach war bis auf den wegen Krankheit während der ganzen Woche ausgefallenen Daniel Laugner komplett angereist und traf auf einen stark dezimierten HSC Bad Neustadt. Die Unterfranken mussten sowohl auf Spielmacher Falk Kolodziej wie auf Linkshänder Lukas Böhm verzichten, so dass Trainer Margots Valkovskis nur neun Feldspieler zu Verfügung standen. Beide Teams starteten eher abwartend, weshalb es auch über eine Minute dauerte, bis die Gastgeber mit 1:0 in Führung gingen. Zunächst prägten leichte Unsicherheiten und Fehler das Spiel beider Seiten und so schrieb man bereits die achte Minute, als Philipp Schöttner den dritten Ausgleichstreffer erzielen konnte. Spiel und Führung pendelten stetig hin und her. Kaum lag eines der Teams mit einem Tor in Front, erzielte der Gegner mindestens einen schnellen und oft auch einfachen Treffer dagegen und glich das Spiel aus, oder übernahm selbst für kurze Zeit die Führung.
Daran änderte sich auch nichts, als der HSC zwischen der 18. und 21. Minute drei Treffer am Stück erzielte und erstmals zwei Zähler vorlegte, denn drei Tore durch den erneut bestens aufgelegten Andreas Wolf später war die Partie wieder vollkommen offen. Die Gastgeber versuchten alles Mögliche gegen den kaum zu haltenden Andreas Wolf. Immer wieder wurde er früh gestört, zeitweise sogar in direkte Manndeckung genommen und dennoch erwies er sich einmal mehr als bester Torschütze der Blau-Weißen. Dabei legte er mit zehn Treffern bei zwölf Versuchen auch die Latte der Effektivität sehr hoch. Doch auch seine Kollegen zeigten sich diesmal deutlich sicherer im Abschluss und so verwundert es nicht, dass beide Fan-Lager bereits in der ersten Hälfte jeweils 17 Tore feiern konnte.
Die zweite Hälfte begann mit einem Paukenschlag. Weniger als 90 Sekunden benötigten die Gäste um mit zwei schnellen Toren das Tempo vorzulegen. Auch wenn die Saalestädter bis zur 35. Minute wieder ausgleichen konnten (20:20), das heute gerne erwähnte Momentum war nun auf Seiten der Oberpfälzer. Andreas Bayerschmidt, der diesmal während der gesamten Spielzeit im Einsatz war und in den ersten 30 Minuten häufig hinter sich greifen musste, zeigte nun seine ganze Routine, nahm den Hausherren mehrere klare Möglichkeiten und ermöglichte seinen Mitspielern so die Kontrolle über das Spiel. Angetrieben von ihren lautstarken Unterstützern legte Auerbach trotz eines vergebenen Strafwurfs zunächst zwei, dann sogar drei Tore vor und diktierte streckenweise das Geschehen. Als Andreas Wolf in der 46. Minute gar das 23:27 erzielte, begann Mancher im hinteren, blau-weißen Teil der Tribüne schon an das kleine Wunder zu glauben. Sollte diesmal wirklich der erste Sieg gegen den HSC drin sein? Doch sowohl die Fans, als auch das Team selbst kennen sich inzwischen besser. Der mentale Druck wuchs, Auerbach beging ein, zwei unnötige Fehler und ließ die Gastgeber wieder zurück ins Spiel. Dieser nutzte nun die gebotenen Möglichkeiten und kamen Tor für Tor heran. Nur Sekunden nachdem Kenny Schramm nach seiner dritten Zeitstrafe das Feld endgültig räumen musste, hatten die Hausherren den Anschlusstreffer zum 28:29 erzielt und spätestens als Jan Wicklein in der 58. Minute zum 29:29 traf, brachte sich auch das Heimpublikum wieder deutlicher ins Spiel ein.
Die letzten 90 Sekunden boten dann noch einmal alles, was der Handball zu bieten hat. Felix Müller bringt sein Team in Führung (29:30), Bad Neustadt vergibt und Auerbach könnte den Sack zumachen, lässt sich jedoch zuviel Zeit und die Schiedsrichter zeigen passives Spiel an. Noch 30 Sekunden und die Gästebank legt die Grüne Karte auf den Tisch. Andreas Wolf tritt an und wird von seinem Namensvetter Felix Wolf gefoult, ein Foul, das die Schiedsrichter mit einer Zeitstrafe ahnden. Damit war nicht nur das Zeitspiel aufgehoben, sondern die Entscheidung zu Gunsten der Gäste gefallen. Die letzten Sekunden konnten nun in Ruhe zuende gespielt werden und als Andreas Wolf mit seinem 10. Treffer den Endstand von 29:31 erzielte, hatte Auerbach dem favorisierten HSC nicht nur die vierte Niederlage insgesamt, sondern auch die dritte Heimniederlage in Folge beigebracht. „Wir haben heute alles gegeben, was bei der momentanen Personalsituation möglich war“ erklärte ein sichtlich enttäuschter Margots Valkovskis nach dem Spiel. „Jetzt müssen wir die Winterpause nutzen, um wieder gesunder zu werden und unser verloren gegangenes Selbstvertrauen wieder zu gewinnen.“ Tobias Wannenmacher bezeichnete den Sieg als „mühsam aber verdient. Wichtig war heute, dass wir nicht wie im Hinspiel nur über 25 Minuten unser Spiel gespielt haben, sondern über fast die gesamte Spieldauer. Mit diesem Sieg beenden wir ein bisher zufriedenstellendes Jahr und freuen uns jetzt auf ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest.“ Doch wie schon erwähnt kommt vor dem Vergnügen die Arbeit und so mussten er und sein Team auch noch die anstrengende Weihnachtsfeier überstehen.
Statistik:
HSC Bad Neustadt: Tatzel, Kortmann, Panfil (8), Schmitt (4), Wolf, Hines (2), Singwald (1), Kleinhenz (1), Wicklein (7/2), Gerr (2), Leskovec (4)
SV 08 Auerbach: Bayerschmidt, Goebel, Tannenberger, Weiss, Neuß, Lux (6/3), Wannenmacher (1), Klima, Büttner, Schramm (4), Müller (6), Wolf (10), Schöttner (4)
Schiedsrichter: Tobias Fröbe / Marcus Pesth
Zuschauer: 537
Strafwürfe: 2/2 – 4/3
Strafzeiten: 6 – 6 (Singwald, Wicklein je 2, Wolf, Panfil – Schramm 3, Weiss, Wannenmacher, Müller)
Rote Karte: Schramm (3 x 2 Minuten)
Spielfilm: 1:0, 1:1, 10:11, 11:11, 13:11, 14:15, 17:17 – 17:19, 20:20, 20:23, 23:27, 24:28, 29:29, 29:31