Was macht der Faschingspräsident am Faschingswochenende?
Werner Müller: Heute Abend bin ich auf einen Geburtstag eingeladen, sonst würde ich daheim liegen. Und am Rosenmontag haben wir ja heuer wieder Party im Kolpingsaal. Und am Faschingsdienstag habe ich eigentlich schon vor, das närrische Treiben auf dem Marktplatz zu besuchen.
Die Prunksitzungen sind vorbei — sind Sie erleichtert?Müller: Sehr! (lacht). Für mich ist der schönste Punkt immer, wenn ich am Aschermittwoch mein erstes Stück Fisch im Mund habe. Dann weiß ich, jetzt ist alles vorbei. Jetzt hast du es geschafft und jetzt kommt wieder eine ruhigere Zeit. Es ist schön, wenn es wieder vorbei ist, auch wenn es viel Spaß macht.
Thema Prunksitzungen: Wie lief es denn heuer aus der Sicht des Präsidenten?
Müller: Die Vorbereitung war ziemlich schwer, weil wir bei drei Nummern aus privaten Gründen einen Ausfall hatten. Davon wären zwei eine Neuheit gewesen, Auftritte in neuer Konstellation. Bei den Sitzungen selber hatten wir heuer ein ganz unterschiedliches Publikum. Bei der ersten Sitzung ging das Publikum am Anfang förmlich ab, sage ich jetzt mal in Anführungszeichen, so bis halb zehn, zehn. Dann ging die Stimmung etwas unter, kam dann aber wieder. Bei der zweiten Sitzung war es umgekehrt. Da war so gegen halb zehn richtige Stimmung. Und bei der dritten Sitzung war eigentlich fast durchgängig eine Superstimmung. Ich habe eigentlich nach einer Prunksitzung noch nie so viel Lob erlebt. Auch jetzt noch. Die Leute sagen, es wäre eine klasse Prunksitzung gewesen. Ich habe es jetzt nicht so empfunden, ich bin aber schon immer kritisch. Aber im Großen und Ganzen war ich zufrieden, es hat schon gepasst.
Sie sind seit elf oder zwölf Jahren FG-Präsident. Was war das Lustigste in all den Jahren?
Müller: (Kopfschütteln, nachdenkend) – es ist eigentlich fast alles lustig. Der Stress, die Künstler vor den Auftritten – aber so richtig lustig, da fällt mir jetzt gar nichts ein.
Was war das Peinlichste?
Müller: Es passieren immer mal Sachen, dass dir zum Beispiel irgendein Stück fehlt auf der Bühne, weil es irgendjemand geklaut hat. Aus Gaudi halt. Aber so explizit Peinliches wüsste ich jetzt nicht.
Und als Moderator bei einer Sitzung?
Müller: Das Peinlichste für mich war hier, als ich vor ein paar Jahren mal den Kinderprinzen auf der Bühne gefragt habe, warum er denn als Auerbacher in Michelfeld Fußball spielt? Dann hat er in jugendlicher Unbekümmertheit den Auerbacher Fußball schwer beleidigt. Da hat es mir damals die Wärme wirklich ins Gesicht getrieben. Jeder, der in der Sitzung war, egal ob Landrat oder Bürgermeister, hat danach versucht, die Aussage etwas abzufedern. Das war ein Hammer, da war sogar ich sprachlos. Da wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte.
Wann beginnt für Sie der Fasching?
Müller: Ja, eigentlich schon jetzt. Leute haben jetzt in der für uns abgeschlossenen Saison gesagt, ja, nächstes Jahr machen wir auch was. Da sind wir wieder dabei, und es war schön. Solchen Dingen gilt es jetzt schon nachzugehen. Allerdings bleibt da erfahrungsgemäß immer nicht viel übrig. Da ist zunächst die Euphorie. Und wenn man im Sommer dann nachfragt, dann kommen die Zweifel. Aber ich bin jetzt schon gleich dahinter und habe auch schon so gewisse Ideen.
Sie sind nicht „nur“ Präsident, sondern auch eine Größe bei den Bühnennummern. Welche der vergangenen Jahre gefiel Ihnen selber am besten?
Müller: Das war eindeutig „Dinner for one“. Da werde ich heute noch darauf angesprochen, dass das schön war. Das Stück war unheimlich schwer. Zwischendrin hatte ich das Handtuch geschmissen. Ich sagte, ich kann das nicht. Ludwig Preis war damals mein Mentor, mein Regisseur quasi, der als alter Hase mitgegangen ist. In stand auf der Bühne und sagte, Luk, hör auf, ich kann das nicht. Ich kann mich schon zusammenblödeln, aber das war ja was gänzlich anderes. Dann hat es aber doch geklappt. Auch die technischen Sachen waren damals nicht einfach. Wir hatten noch kein Funkmikrofon, sondern nur so ein altes, das ich vorne um den Hals hängen hatte. Aber das war eigentlich die beste Nummer, die schönste Nummer. Das ist jetzt mehr als 25 Jahre her, das war 1986. Und mein Mountainbiker, die Ärzterallye, hatte damals auch toll eingeschlagen.
Welche Nummern kamen Ihrer Meinung nach beim Publikum am besten an?
Müller: Das war sicherlich der Mountainbiker und mein Playboy in der zweiten Version. In der ersten Version bin ich ja richtig reingebrummt. Da hatte ich mich total verschrieben und der damalige Präsident Bego – Bernd Gößner – hat sich total auf mich verlassen gehabt. Da habe ich mich in einen Text verrannt, das war eine Katastrophe. Ich war überzeugt davon, dass die Nummer ein Knaller wird, absolut. Das war dann auch ein Knaller, allerdings im negativen Sinn. Bego kam am nächsten Tag und fragte mich, was mir aufgefallen war. Ich sagte, mir fiel auf, dass die Leute nicht geklatscht haben. Es war gar nichts. Dann habe ich die Nummer total umgeschrieben und dann war sie plötzlich ein Hammer.
Was machten Sie schon alles auf der Bühne?
Müller: (deutet auf eine Fotocollage mit Bildern bis zum Jahr 1998) — das kann ich nicht mehr alles sagen. Ich habe in manchem Jahr zum Teil zwei bis drei Nummern in einer Sitzung gemacht. Ich war Prinz, eine alte Frau, Trachtler, Fremdenführer, Prima Ballerina, Tanzmariechen, Koch, Raumfahrer, Stadtarbeiter, Baby, Bauernlackl, Vielharmoniker und noch viel mehr. Auf dem Bild fehlen ja zehn Jahre.
Wie kamen Sie zur Faschingsgesellschaft?
Müller: Ja, als Prinz. Ich habe 1980 meine Frau Uschi kennengelernt. Sie war damals Gardemädchen und ich war schon immer auf Prunksitzungen, zum Beispiel mit 13 Jahren im alten Staubersaal. Da habe ich mit der Knappschaftskapelle gespielt. Und 1979 ist mir meine Frau aus Gardemädchen erstmals aufgefallen, weil sie die schönsten Beine hatte. Und ein Jahr später habe ich sie mir dann geschnappt. Wir waren dann eine Zeitlang zusammen, als 1985 Bego, Hubsi Kleefeldt und Helmuth Senft vor der Tür standen und fragten, ob wir Prinzenpaar machen würden. Das haben wir dann gemacht, und seit dieser Zeit bin ich auch auf der Bühne — Elferrat, Prinz und Nummern.
Welche war Ihre erste Bühnennummer:
Müller: Das war die Turner-Nummer als Prinz zusammen mit der Wasserwacht und die Nummer als Fremdenführer in Auerbach gemeinsam mit Matthias Müller.
Die schwere Krankheit von Bernd Gößner. War das eine schwierige Zeit für Sie, plötzlich vor dem Präsidentenamt zu stehen?
Müller: Ich kann es nicht beschreiben. Das war für mich ein Loch. Ich war damals Vizepräsident. Das Amt hatte ich unter der Aussage übernommen, Bego und Hubsi machen alles. Auch meine Frau sagte damals, mach's halt. Dann kam Begos Krankheit. Ich übernahm das Präsidentenamt unter der Maßgabe, dass Hubsi Kleefeldt mir zur Seite steht. Ich wusste, auf ihn konnte ich mich verlassen. Ich hatte unheimlich Angst. Ich habe Bernd Gößner immer bewundert, wie der abends fünf, sechs Stunden moderieren konnte und er ist immer wieder auf die Füße gefallen, wenn irgendetwas passiert war. Noch schlimmer war dann eigentlich, als Hubsi Kleefeldt neben mir auf der Bühne gestorben ist. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich überhaupt niemanden mehr. Sein Tod ging mir unheimlich nahe. So etwas habe ich vorher nicht erlebt, und seitdem auch nicht mehr. Das war brutal. Wir mussten dann halt alle zusammenhalten.
Färbt der Job an der „Front“ des Auerbacher Faschings auf das Privatleben ab?
Müller: (zögernd) – Ja, natürlich. Das Privatleben leidet natürlich schon. Aber dadurch, dass meine Frau auch schon immer für den Fasching begeisterungsfähig war und sehr, sehr tolerant ist, meine Kinder mit involviert sind, spielt sich die gemeinsame Freizeit halt im Kolpinghaus ab. Oder die Künstler rufen an, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Dann fahre ich auch Abends um zehn noch hin. Das sehe ich als Pflicht an, das mache ich gerne, aber es kostet auch unwahrscheinlich viel Energie.
Wie sieht es mit ihrer „närrischen“ Energie für die Zukunft aus?
Müller: Das lassen wir jetzt mal im Raum stehen. Das weiß ich noch nicht.
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