Ich finde es unerträglich, wie dieser feiste, immer gut gelaunte, ständig dümmlich grinsende, Coca-Cola-Werbe-Dickwanst in seinem rot-weißen Bademantel und seiner rot-weißen Schlafhaube auf einem Schlitten durch die Gegend fliegt und sich angeblich durch den Schornstein zwängt, um die Weihnachtsgeschenke zu bringen, begleitet von einem vermutlich angesoffenen, rotnasigen Rentier namens Rudolph.
Gab's da nicht mal einen gewissen Nikolaus? Wo ist das Christkind? Wer war nochmal Knecht Ruprecht?
Nicht, dass ich der Meinung wäre, wir oder die Kinder sollten unbedingt ans Christkind glauben, zumindest ab einem bestimmten Alter sollte man schon wissen, woher die Geschenke unterm Christbaum sind, aber muss dieser Ho-Ho-Ho-Kommerz- Bomber bereits ab September - zwei Wochen nach den Sommerferien!! - in den Geschäften stehen und uns ständig und unterschwellig daran erinnern , dass "bald wieder Weihnachten" ist, dass Du noch Geschenke kaufen musst, dass noch so viel vorzubereiten ist, dass noch dies und dass noch jenes...?
Ist es denn ein Wunder, dass kaum jemand mehr Advents- oder Weihnachts- Stimmung empfindet, wenn Du drei Monate lang mit optischen und akustischen Weihnachts- Reizen überfordert wirst?
Als ich noch Kind war (ich weiß, lang lang ist's her - na ja, sooo lange nun auch wieder nicht...), da kam am 6. Dezember der Nikolaus - mal besser und mal schlechter verkleidet ("wo ist eigentlich Onkel Walter?") - manchmal mit, manchmal ohne Knecht Ruprecht (besser war es natürlich, wenn ohne ;-) ), meist saßen mehrere Familien gemütlich beieinander, um diesen Abend zu feiern, die Eltern tranken Glühwein und Punsch und Kaffee und Tee, Kerzen brannten und die Kinder hatten die Hosen voll, weil sie gleich dem Nikolaus irgend ein Gedicht aufsagen mussten - woher der "Alte Sack" nur immer wusste, was im Laufe des Jahres so alles passiert war???? - danach gab es dann die Leckereien, die der gute Mann (puuuh, nochmal davon gekommen...) mitgebracht hatte - Nüsse, Lebkuchen, Mandarinen, Plätzchen, Schokolade etc. etc. - und Onkel Walter war dann plötzlich auch wieder dabei...
Es roch förmlich nach Weihnachten....
Als meine Eltern noch Kinder waren (ich weiß, lang lang ist's her - ja das ist wirklich schon lange her...), da sind meine Oma und eine Nachbarin am 6. Dezember als Nikolaus und Knecht Ruprecht verkleidet durchs Dorf gegangen und haben den Kindern ein paar Nüsse und ein, zwei Rippchen Schokolade gebracht - wenn mein Opa bei seinem Front- Urlaub eine oder zwei Tafeln aus Frankreich mitgebracht hatte.
Da kamen weihnachtliche Gefühle auf....
Natürlich waren das andere Zeiten und natürlich bin ich auch froh, dass es uns inzwischen besser geht, aber warum müssen alle unsere Bräuche verkitscht oder gar vergessen werden und im Extrem-Kommerz enden?
Wie gesagt, ich hasse den Weihnachtsmann und wünschte, wir hätten nicht zugelassen, dass er den Nikolaus tötet.
Ich wünsche Euch allen eine Frohe und besinnliche Weihnachtszeit.
DgA
p. s.: Hier noch zwei Gedichte und ein Sprungbrett (Stern 2009) zum Thema:
Knecht Ruprecht Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen Sah ich goldene Lichtlein sitzen; Und droben aus dem Himmelstor Sah mit großen Augen das Christkind hervor, Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann, Da rief's mich mit heller Stimme an: "Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell, Hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, Das Himmelstor ist aufgetan, Alt' und Junge sollen nun Von der Jagd des Lebens ruhn; Und morgen flieg' ich hinab zur Erden, Denn es soll wieder Weihnachten werden!" Ich sprach: "O lieber Herre Christ, Meine Reise fast zu Ende ist; Ich soll nur noch in diese Stadt, Wo's eitel gute Kinder hat." - "Hast denn das Säcklein auch bei dir?" Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier; Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern Essen fromme Kinder gern." - "Hast denn die Rute auch bei dir?" Ich sprach: "Die Rute, die ist hier; Doch für die Kinder nur, die schlechten, Die trifft sie auf den Teil, den rechten." Christkindlein sprach: "So ist es recht; So geh mit Gott, mein treuer Knecht!" Von drauß vom Walde komm' ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Nun sprecht, wie ich's hierinnen find'! Sind's gute Kind, sind's böse Kind? (Theodor Storm) | Christkindlhast es g’hört, der Herrgott lacht! So laut, so hektisch, gar koa Ruh, von still und heilig gar koa Spur! Es kracht und scheppert in der Welt, und nur das Wort des Stärkern zählt, der blaht si auf und red’t recht schee, wie lang wird’s no so weiter geh? Die Aktienkurse müssen steig’n, es wird net g’fragt, wo d’Leut dann bleib’n! Ganz vui G’winn mit wenig Leut, des senkt die Kosten, seid’s no gscheidt? Was kannt ma mit dem Geld ois doa, ganz vui Guads von groß bis kloa! Und net einfach auf d’Seitn schaffa, wo sich dann a paar drum raffa. Der eine sagt: Des kann nur i, weil ich da allerbessa bi! Geh du auf d’Seitn, lass des steh, mit dir, da kann des nia net geh! Warum denn macht’s es net mitnand, der oa mit’n andern, Hand in Hand? Des war doch gleich vui besser no, wenn man was miteinander ko! Des war was schön’s, was heilig’s gar, des mag schon sein, es ist oft rar: dass einer zu dem andern sagt: Geh mit mit mir, du bist noch g’fragt! Des geht net laut, des geht ganz stad! Nur so werd’s wieder umedraht, de Welt, de oft so traurig is und so weit weg vom Paradies! Vier Wochen warn a guade Frist, zum Nachschaug’n, wia’s bei dir so is! A bissl stad sei war ganz guat, und hinhör’n, was da kema duat. Es gibt so vui ganz stade Sachen, die koa große Mett’n machen: a Blick, der suacht an Halt, a Licht, a Hand, de zittert und sich fürcht. A Fuß, der nimma ko recht geh, a Kreuz, des gern dat aufrecht steh! a kleins Kind, neugierig auf’s Leb’n, a alter Mensch, der’s z’rück tut geb’n. Die alle find’st, wenn’st schaust und hörst, und aufmerksam für’s Leben werd’st! Auf die schau hin und geh zu eana, und mach di selber wieder kleana! Der Herrgott kommt als ganz klein’s Kind, und hofft, das man a heut no find’t! Wie damals, so ist a noch heut, er kommt nur zu de stad’n Leut. Drum suach und schau de nächsten Tag, wie er zu dir grad kemma mag! Und find’st eam dann, sei voller Freud, es wird für dich a heil’ge Zeit! Dann lach und sing, es ist a Pracht, von Herzen Stille Heil’ge Nacht. (Ursprünglich von Josef Riedl für das Christkindl beim Ebersberger Adventmarkt (1.Advent 2005) verfasst) |