Sie hatten sich so viel vorgenommen, die Jungs um Spielertrainer Tobias Wannenmacher. Es hätte ein Befreiungsschlag werden sollen. Nach sechs Spielen, in denen man lediglich einen Punkt erspielt hatte, wollte man endlich wieder einmal als Sieger vom Platz gehen, zumal man in eigener Halle ein Team empfing, das sich in greifbarer Tabellennachbarschaft befand.
Und die Voraussetzungen waren auch gar nicht so schlecht. Zwar mussten die Oberpfälzer verletzungsbedingt auf einen Einsatz von Maximilian Lux verzichten, dafür hatte Tobias Wannenmacher tief in der Schatzkiste gegraben und ein wertvolles, wenn auch logischerweise momentan noch etwas angestaubtes Juwel hervor gegraben. Zur Überraschung wie zur Freude Vieler stand der Name Matthias Werner auf dem Spielberichtsbogen und lief sich der Routinier zusammen mit seinem ehemaligen Team warm. Werner, der am Ende der vergangenen Saison seine Handballschuhe eigentlich an den Nagel gehängt hatte, hatte sich schon damals ein kleines Hintertürchen offen gelassen und sich bereit erklärt, als eine Art Feuerwehrmann einzuspringen, wenn Not am Mann sein würde. „Matze hat in der vergangenen Woche zweimal trainiert, da kann man noch nicht wirklich Entscheidendes von ihm erwarten. Jeder, der etwas vom Handball versteht, weiß, dass es - selbst bei einem talentierten Spieler wie ihm - drei bis vier Wochen dauert, bis man nach so langer Zeit ohne Training wieder ein spielerischer Faktor sein kann. Bis dahin bringt er zumindest seine Erfahrung als Unterstützung im Training mit ein“ erklärte Tobias Wannenmacher hinterher. „Wir freuen uns jedenfalls, dass er wieder dabei ist. Auch wenn er aus beruflichen Gründen voraussichtlich nicht jedes Spiel mitmachen kann, so will er uns doch - vorerst bis zum Ende der Saison – so oft es geht helfen.“
Allein, an diesem Samstag hätte man sich womöglich auch mit einem Matthias Werner in Bestform schwer getan gegen die Bundesliga-Reserve der Rhein-Neckar-Löwen. Von Anfang an ging die junge Truppe um Trainer Klaus Gärtner forsch in die Partie und übernahm frühzeitig die Kontrolle des Spiels. Immer wieder scheiterten die Gastgeber selbst aus aussichtsreichster Position am glänzend aufgelegten Torhüter der „Krösties“ Marco Bitz. Der A-Jugend-Keeper hielt die Bälle der Gegner reihenweise, egal ob sie von links außen, von rechts außen oder aus dem Rückraum auf sein Gehäuse kamen. So ermöglichte er seinem Team nicht nur eine schnelle Führung, sondern nahm den Oberpfälzern jegliche Sicherheit. Hätte nicht auf der anderen Seite des Feldes auch Philipp Walzik wieder einen guten Tag erwischt, die Partie wäre vermutlich deutlich früher entschieden gewesen.
In der 4. Minute erzielte Karsten Herold das erste Tor für seine Farben und als vier Minuten später Felix Müller den zweiten Treffer erzielte und das Spiel zum zweiten Male ausglich (2:2), konnte noch keiner ahnen, dass dies der Zeitpunkt war, zu dem die Gastgeber einem Sieg am nächsten waren. Für den Rest der Partie mussten die Blau-Weißen einem ständig größer werdenden Rückstand hinterher laufen. Zunächst gelang dies zwar noch einigermaßen, doch die Verunsicherung der Gastgeber wuchs von Minute zu Minute. Erneut machte man sich durch technische Fehler und überhastete Wurfversuche das Leben schwer und scheiterte immer wieder an der aggressiven Abwehr der Gäste und an ihrem Torhüter. Als dann in der 22. Minute Matthias Werner erstmals auflief, konnte auch er logischerweise nicht die nötigen Impulse setzen. Vielmehr war deutlich zu erkennen, dass ihm die Bindung zum Team noch fehlt. Dass es zu diesem Zeitpunkt nur 8:10 stand, war auch dem für einen Siebenmeter der Kraichgauer eingewechselten Raul Adam zu verdanken. Er hielt nicht nur den Strafwurf selbst, sondern auch den Nachwurf des ansonsten auch an diesem Tage wieder äußerst treffsicheren Denni Djozic.
In einer Auszeit fand Klaus Gärtner offenbar die richtigen Worte. Bis zur Pause baute sein Team mit einem Vier-Tore-Lauf seinen Vorsprung auf 8:14 aus und sorgte damit für eine Vorentscheidung in dieser Partie. Die Hoffnung manchen Zuschauers, man hätte auch schon einmal sieben Tore aufgeholt, wurde jäh zerstört, als die Junglöwen nach der Pause so begannen, wie sie vorher aufgehört hatten: Mit vier Toren am Stück. Erstmals lag die Wannenmacher-Sieben mit zehn Toren und damit aussichtslos zurück. Zwischenzeitlich hatte Philipp Schöttner die Rote Karte (ohne Bericht) gesehen, eine Entscheidung der hessischen Schiedsrichter, die zumindest diskussionswürdig sein dürfte. Entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des Spieles hatte sie zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise mehr.
Der Rest der Partie ist schnell erzählt. Die Gastgeber, allen voran Ralph Weiss, zeigten zwar in dieser zweiten Hälfte trotz eines zwischenzeitlichen Rückstandes von 11 Toren (9:20) Moral und gaben sich nicht vollends auf, Tobias Wannenmacher rackerte unermüdlich auf jeder Position in Abwehr und Angriff und Klaus Gärtner konnte in den letzten Minuten die Leistungsträger schonen und seinen Ergänzungsspielern Einsatzzeiten verschaffen.
„Wir haben eine sehr junge Truppe“ erklärte Klaus Gärtner nach dem Spiel. „Auch wenn wir täglich trainieren können, sind wir dennoch froh um jeden Punkt, den wir im Kampf um den Klassenerhalt gewinnen.“ Für Tobias Wannenmacher und sein Team wird der Druck dagegen immer größer, auch wenn man zu diesem Zeitpunkt die Flinte keinesfalls ins Korn werfen sollte. „Die Niederlage ist natürlich bitter, aber auch in der Höhe verdient. Ich bin mir aber sicher, es kommen auch wieder andere Spiele, Spiele, die entscheidender für den Klassenerhalt sind als dieses“ meinte der Trainer der Auerbacher. Bereits am kommenden Wochenende hat sein Team in einem weiteren Heimspiel gegen die TGS Pforzheim die Chance, den negativen Trend zu stoppen und wieder etwas Selbstvertrauen zu tanken.
Es spielten: Adam, Walzik, Schramm (2), Tannenberger (3), Weiss (2), Müller (5), Werner, Wannenmacher (1), Brodschelm (2), Herold (1), Wolf, Schmidtke (5/2), Schöttner(1)