War es ein Dankeschön an die etwa 50 mitgereisten und traditionell lautstarken Auerbacher Zuschauer, oder war es nur das Erledigen der Hausaufgaben im Kampf um den Klassenerhalt? War es die mentale Einstimmung auf das „Finale dahoam“ oder war es ein nachträgliches Geschenk zum 80. Geburtstag für Gerda Iger, Ehefrau des Ehrenvorsitzenden der Sparte Handball und einer der treuesten Fans des Teams? Man kann es drehen und wenden wie man will, nüchtern betrachtet war es ein überzeugender Sieg und zwei wichtige Punkte. „Wir hatten uns vorgenommen, die Serie von Unentschieden diesmal zu unterbrechen und sind deshalb von Anfang an volles Tempo gegangen“ erklärte Spielertrainer Tobias Wannenmacher nach der Partie.
Tatsächlich merkte man den Gästen zwar ihren Willen deutlich an, konnte jedoch auch sehen, dass sie zu Beginn etwas mit ihrer Nervosität zu kämpfen hatten. So wurden in dieser frühen Phase einige gute Tormöglichkeiten überhastet vergeben. Allerdings kam auch die Lokomotive der Gastgeber nicht richtig in Fahrt. Die Sachsen ließen ihrerseits mehrere eindeutige Chancen auf einen Treffer aus. Dies hatte zur Folge, dass in der siebten Minute lediglich ein mageres 1:2 für Auerbach von der Anzeigentafel leuchtete. Schon jetzt zeigte sich, dass Matthias Werner wieder einen seiner Sahnetage erwischt hatte. Nicht nur wegen seiner vielen Tore – alleine die ersten drei Auerbacher Treffer gingen auf sein Konto - sondern vor allem wegen seiner großartigen und fast fehlerfreien Spielführung wurde er hinterher von den Trainern gelobt. „Matze selbst ist schon schwer zu verteidigen und wie er heute das Spiel gelenkt hat und seine Mitspieler in Szene gesetzt hat, war sensationell“ schwärmte Co-Trainer Michael Graß. Allerdings hatten sich an diesem Tag alle Blau-Weißen ein dickes Lob verdient. Vor allem die Abwehr stand von der ersten Minute an kompakt und sicher vor ihrem Torhüter und ließ den Sachsen wenig Platz und Zeit für einen konzentrierten Abschluss. Und die Gelegenheiten, die sich den Gastgebern boten, machte ein sehr gut aufgelegter Philipp Walzik häufig zunichte.
Bis zur 13. Minute wechselte die Führung ständig hin und her. Dann jedoch trafen die Gäste dreimal hintereinander und lagen beim 5:8 erstmals mit drei Treffern in Front. Doch damit nicht genug. Pirna tat sich weiterhin schwer, eine Lösung gegen die konzentrierte Defensive der Oberpfälzer zu finden. Nach einer Zeitstrafe gegen das Heimteam und einem weiteren Drei-Tore-Lauf hatte die Wannenmacher- Sieben den Vorsprung auf Vier ausgebaut (7:11). Dass die Gäste in den letzten vier Minuten der ersten Hälfte erneut Grund zu jubeln hatten, lag vor allem an Raul Adam. Bei zwei Strafwürfen für Pirna eingewechselt konnte er beide kurz hintereinander entschärfen und gab damit seinem Team die Möglichkeit, den Pausenstand von 9:14 herzustellen.
Einerseits machte sich vorsichtiger Optimismus unter den Auerbacher Fans breit, andererseits hatten Viele auch das Hinspiel noch im Hinterkopf, das nach einem ähnlichen Verlauf in letzter Minute noch verloren ging. Doch diesmal sollte es anders kommen.
Die zweite Hälfte begann wie die erste mit zwei Treffern von Matthias Werner. Wie sich zeigen sollte, waren die Gastgeber an diesem Tag nicht in der Verfassung, diesen vorentscheidenden Vorsprung noch einmal zu gefährden. Auerbach ließ sich nicht mehr aus der Ruhe bringen. Selbst als die Partie nach etwas mehr als 40 Minuten etwas hektisch wurde und innerhalb kurzer Zeit je zwei Zeitstrafen gegen beide Teams ausgesprochen wurden, waren es die Gäste, die Kapital aus dieser Situation schlagen konnten. Wer anderer als Matthias Werner sollte die höchste Führung (13:21) für seine Farben herauswerfen? Als dann zehn Minuten vor dem Ende Pirna nur unterbrochen durch einen von Matthias Werner vergebenen Auerbacher Strafwurf drei Tore am Stück erzielen konnte, war dies nicht mehr als Ergebniskosmetik. Die Gäste ließen sich die Butter nicht mehr vom Brot stehlen und spielten die Partie sicher zu Ende. Den Schlusspunkt setzte, ähnlich wie im Spiel gegen Aschersleben, einmal mehr Michael Werner, auch wenn diesmal die Gastgeber danach noch einen Treffer erzielen konnten.
Pirnas Trainer Petr Hazl lobte nach dem Spiel sein Team für seinen Einsatz und die nach dem in der Vorwoche bereits erreichten Klassenerhalt noch einmal aufgebrachte Konzentration auf die Partie. „Natürlich hätten wir dieses letzte Heimspiel gerne gewonnen, aber wenn man gegen ein Team wie Auerbach, noch dazu in der momentanen Situation, mit nur einem oder zwei Prozent weniger als üblich antritt, kann man nicht als Sieger vom Platz gehen.“ Tobias Wannenmacher hob die Leistung seines Teams in den letzten Partien noch einmal hervor. „Wir haben in den letzten fünf Spielen jedes Mal gepunktet, diesmal sogar doppelt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und können mit breiter Brust in das Spiel am kommenden Samstag gehen. Heute war unsere Abwehr sehr überzeugend und hat wenig zugelassen, darauf müssen wir in den drei Trainingseinheiten in dieser Woche aufbauen.“
„Ich kann mich im Moment noch gar nicht richtig freuen“ meinte Michael Graß nach etwa einer halben Stunde im Bus. Nicht nur er wirkte zu Beginn der Heimfahrt etwas enttäuscht. Enttäuscht nach solch einem überzeugenden Sieg? Die Enttäuschung bezog sich jedoch auf ein anderes Team. Zeitgleich war das ehemals hochgelobte, als Top-Favorit in die Saison gestartete und hoch bezahlte Team des HSC 2000 Coburg bei der HSG Gensungen/Felsberg mit 25:18 unter die Räder gekommen und hatte damit seinen bayerischen Kollegen keinerlei Schützenhilfe geleistet. „Sicher wäre es schön gewesen, wenn an diesem Wochenende bereits der Klassenerhalt hätte klar gemacht werden können, aber wir dürfen uns nicht auf die Anderen verlassen, schon gar nicht auf Coburg in einem Auswärtsspiel. So kommt es am Samstag zu einem echten Endspiel im Auerbacher Handball-Tempel. Was will man mehr?“ brachte Tobias Wannenmacher die Situation auf den Punkt. Nicht nur diese Aussage ließ den Ärger und die Enttäuschung in den Hintergrund und die Freude und Feierlaune der gesamten Busbesatzung in den Vordergrund treten.
Es spielten: Adam, Walzik, Tannenberger (1), Ma. Werner (11/2), Weiss, Hofmann (2), Mi. Werner (3), Bader (2), Hackenberg (1), Wannenmacher, Schnödt, Reger, Schmidtke (5), Schöttner(1)