Kaum ein Thema beherrscht die Schlagzeilen dieser Tage mehr, als die dramatischen Ereignisse in Syrien, Afghanistan und anderen von Bürgerkriegen oder Hungersnöten betroffenen Ländern und der daraus erwachsende Flüchtlingsstrom in Richtung Europa. Auch die Handballer des SV 08 Auerbach wollten sich ihrer Verantwortung nicht entziehen und luden deshalb die Flüchtlinge aus der Umgebung in die Helmut-Ott-Halle zur Partie gegen den HC Elbflorenz ein. Acht Jugendliche aus Afghanistan folgten der Einladung und staunten nicht schlecht über das, was ihnen da geboten wurde.
Doch auch die übrigen etwa 400 Zuschauer kamen über weite Strecken des Spieles kaum aus dem Staunen heraus. Der Aufsteiger aus Bayern machte es dem hochfavorisierten Team aus Sachsens Hauptstadt lange Zeit schwer und musste sich erst am Ende knapp mit drei Toren Rückstand geschlagen geben - und das trotz zahlenmäßiger und teilweise auch körperlicher Unterlegenheit. Neben Matthias Schnödt war unter der Woche auch noch Ralph Weiss verletzungsbedingt ausgefallen. So mussten die Gastgeber mit lediglich zehn Feldspielern antreten, gegen ein Team, das von Vielen als einer der Top-Favoriten auf den Aufstieg in die 2. Bundesliga angesehen wird und das für alle Positionen eine gleichwertig starke Doppelbesetzung aufweisen kann. Doch was die Gäste an individueller Stärke und Bundesligaerfahrung aufboten, machten die Blau-Weißen durch Einsatz, Kampfesmut und Herz wieder wett. Auerbach ließ sich weder durch den von Beginn an sehr gut haltenden Timo Meinl, noch von einem erneuten 0:2 Rückstand übermäßig beeindrucken und hielt relativ befreit dagegen. Vor allem in der Defensive zeigte sich das Team um Abwehrchef Tobias Wannenmacher sehr konzentriert und brachte die Gäste nicht nur immer wieder an den Rand des Zeitspiels, sondern veranlasste ihn auch zu Fehlern.
„Man hat gesehen, dass unser neu zusammengestelltes Team noch nicht über die nötige Einheit verfügt“ erklärte Dresdens Trainer Peter Pysall nach dem Spiel. „Es dauert einfach seine Zeit, bis sich die nötigen Automatismen einschleifen.“ Als Maximilian Lux sein erstes von vier aufeinander folgenden Toren per Strafwurf erzielte (1:2), waren bereits fast sieben Minuten verstrichen, wobei manch einer der Zuschauer noch davon ausging, dass die Gastgeber bereits sieben Minuten glücklich überstanden hätten. Doch es entwickelte sich ein spannendes und hochklassiges Spiel, in dem der Favorit zwar meist mit ein, zwei Toren in Führung lag, seine Klasse und Überlegenheit jedoch nicht wie erwartet entfalten durfte. Auerbach hing den Gästen wie ein Terrier am imaginären Hosenbein und ließ sie nicht zur Entfaltung kommen. Spätestens als Maximilian Lux in der 20. Minute einen 3:1 Lauf seines Teams zum 8:8 Ausgleich abschloss, war auch dem letzten Zuschauer klar, dass dies ein spannendes Spiel werden könnte. Dabei hatte „Luxi“ kurz zuvor sogar noch einen Strafwurf vergeben. „Das ist der große Unterschied von der Bayern- zur 3. Liga“ meinte Tobias Wannemacher nach dem Spiel. „Da wo wir hier bestenfalls ein 3:1 und damit den Ausgleich schaffen, haben wir in der vergangenen Saison oftmals sieben oder acht Tore am Stück erzielt und das Spiel für uns entschieden.“ Dennoch war das Publikum schon jetzt mit seinem Team zufrieden und stand fast Kopf, als Andreas Wolf in der 22. Minute die erste (10:9) und fünf Minuten später per Kempa-Tor die zweite Führung (11:10) erzielte. Dass die Blau-Weißen dennoch mit einem 11:13 Rückstand in die Kabine gingen, lag zum Gutteil auch an der Tatsache, dass sie die letzten Minuten bis zur Pause mit Strafzeiten belegt nur in Unterzahl agieren durften.
Bereits kurz nach Wiederanpfiff erhöhte der HC Elbflorenz seinen Vorsprung erstmals auf drei Tore und legte in der 35. Minute – erneut in Überzahl - sogar noch einen Treffer drauf (13:17). Was sich bereits kurz vor der Halbzeitsirene abgezeichnet hatte, trat nun verstärkt hervor. Immer wieder gab es beiderseits Beschwerden über die Entscheidungen der streckenweise unsicher leitenden Unparteiischen, Zeitstrafen gegen Spieler und Verwarnungen gegen Offizielle wurden ausgesprochen und das jederzeit faire Spiel geriet in ein unnötig hektisches Fahrwasser. Was kaum jemand zu glauben gewagt hatte, kamen die Gastgeber diesmal sogar besser mit dieser Situation zurecht. Erst ab der 45. Minute hatten sich die Wogen wieder geglättet und das Spiel konnte in seine spannende Schlussphase gehen. Auerbach hatte sich wieder auf ein Tor herangekämpft (17:18), musste zwar einen Gegentreffer hinnehmen, ließ dann jedoch drei Treffer am Stück folgen und lag zur Überraschung und zur Freude der immer lauter werdenden Tribüne in der 52. Minute mit 20:19 in Front. Die letzten Minuten gehörten dann jedoch eindeutig Sebastian Gress. Der Spielmacher der Gäste düpierte ein ums andere Mal mit feinen Einzelaktionen die Auerbacher Abwehr und drückte mit vier Toren dem Spiel seinen Stempel auf. Auch wenn sich die Gastgeber nicht unterkriegen ließen und bis zur 59. Minute den Rückstand noch einmal auf einen Treffer verkürzen konnten (23:24), am Ende musste man sich doch der individuellen Stärke und der größeren Erfahrung des Favoriten geschlagen geben.
„Glückwunsch meiner Mannschaft zum Sieg, aber auch Chapeau vor der Leistung des Heimteams“ lautete das Fazit von Peter Pysall. Tobias Wannemacher zeigte sich einerseits zufrieden mit dem Spiel, andererseits aber enttäuscht über den Ausgang. „Wir haben defensiv wie offensiv eine gute Leistung abgeliefert, aber die Punkte haben wir verloren. Im entscheidenden Moment haben wir unsere Chancen nicht verwertet oder durch Fehler dem Gegner geholfen, ein Problem, das uns wie ein roter Faden durch die 3. Liga verfolgt und an dem wir noch intensiver arbeiten müssen.“
Statistik:
SV 08 Auerbach: Bayerschmidt, Goebel, Tannenberger (1), Neuß, Weiss (n.e.), Lux (7/3), Wannenmacher (3), Herold (1), Büttner, Schramm (2), Müller (4), Wolf (4), Schöttner (1)
HC Elbflorenz: Balster, Meinl, Bastian, Jurgeleit (3/1), Boese (3), Lindt (5), Desler, Göde (4), De Santis, Blasczyk, Kretschmer (5), Gress (6), Quade
Strafzeiten: 6/5 (Wolf, Müller je 2, Wannenmacher, Tannenberger – Kretschmer (2), Lindt, Blasczyk, Jahn (Off.)
Strafwürfe: SV 08 3/2 – HC Elbflorenz 1/1
Schiedsrichter: Stefan Walter / Florian Weinig
Zuschauer: 400
Spielfilm: 0:1, 0:2, 1:3, 2:4, 4:5, 6:8, 8:8, 9:9, 10:9, 11:10, 11:11, 11:13 – 11:14, 13:17, 16:17, 17:19, 19:19, 20:19, 20:22, 22:23, 23:24, 23:26