Da waren es nur noch sechs. Nach dem wichtigen Heimsieg am vergangenen Samstag gegen die Bundesligareserve der HBW Balingen-Weilstetten treten die Handballer des SV 08 Auerbach an diesem Wochenende gegen den Vorjahresmeister und derzeitigen Tabellen-Elften TSV Friedberg an.
Dazu begeben sie sich auf eine etwas mehr als 200 Kilometer lange Fahrt nach Bayerisch-Schwaben. Friedberg grenzt an den Osten der Stadt Augsburg und ist die sechstgrößte Stadt des Regierungsbezirkes Schwaben. Auch wenn sich erste Siedlungsspuren durch archäologische Funde bis in die Römerzeit zurück datieren lassen, wurde der Ort erst im Jahre 1264 in einem Brief an die Bürger der Stadt Augsburg erstmals urkundlich erwähnt. Darin wird die Errichtung einer Burg „Fridberch“ angekündigt, die als Grenz- und Zollsicherung des Herzogtums Bayern gegenüber Schwaben und der freien Reichsstadt Augsburg dienen sollte. Aus dieser Funktion heraus ergab sich sehr bald Ärger mit den mächtigen Augsburgern, die erstmals im Jahre 1396 die Stadt komplett niederbrannten. Die Lage als Grenzstadt brachte Friedberg in der Folgezeit häufig Ärger ein, da die nicht seltenen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Bayern und Augsburg bzw. Schwaben meist auf dem Rücken der Stadt ausgetragen wurden.
Einem kurzen Aufschwung Mitte des 16. Jahrhunderts wurde ein jähes Ende bereitet. Im Jahre 1599 wütete die Pest furchtbar und im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt gleich zweimal von den Schweden völlig vernichtet. Daher gibt es bis auf die Burg und die Stadtmauer heute kein Gebäude, das älter ist als das Rathaus, das kurz nach Kriegsende erbaut wurde. Erst danach kam es durch das aufblühende Uhrmacherhandwerk zu einem erneuten Aufschwung. Friedberger Uhren sind noch heute bei Uhrenliebhabern nicht nur ein Begriff sondern auch sehr begehrt. Im Schlossmuseum sind viele bestens erhaltene Exemplare zu besichtigen. Im 19. Jahrhundert war Friedberg vor allem Nutznießer der ständig wachsenden Wohnungsnot im benachbarten Augsburg. Derzeit stützt sich die wirtschaftliche Situation in Friedberg vor allem auf den Kleinhandel sowie auf das Möbelhaus Segmüller, welches seine Hauptfiliale und Polstermöbelfabrik hier unterhält. Da die Stadt die beiden Weltkriege ohne größeren Schaden überstand, sind neben dem Schloss sowohl die Altstadt mit seinem historischen Rathaus sowie vielen gut erhaltenen Bürgerhäusern, als auch Teile der Stadtmauer noch heute ein lohnenswertes Ziel für eine Besichtigung. Über die Grenzen Friedbergs hinaus bekannt ist der Friedberger Baggersee mit einer Wasserfläche von etwa 18 Hektar, einem Wasserskilift sowie einem Restaurant.
Einen noch größeren Bekanntheitsgrad dürfte der TSV Friedberg haben. Sowohl die Männermannschaft der Volleyballer, als auch die der Handballer spielen erfolgreich in der jeweiligen 3. Bundesliga. Dabei errangen die Handballer in der vergangenen Saison nach zwei dritten Plätzen in den Vorjahren souverän die Staffel-Meisterschaft, nachdem sie sich bereits am 14. Spieltag an die Spitze der Tabelle gesetzt hatten. Aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft verzichteten die Verantwortlichen jedoch frühzeitig auf das Aufstiegsrecht in die 2. Bundesliga. Abteilungsleiter Dr. Johannes Bauer begründete die schwere Entscheidung mit der Tatsache, dass im Einzugsgebiet des FC Augsburg und der Augsburg Panther das Sponsorenpotenzial für ein Zweitliga-Handball-Team ganz einfach nicht ausreicht.
Eine der ersten Auswirkungen dieser Entscheidung war der Rücktritt von Erfolgstrainer Hartmut Mayerhofer. Er wechselte zum ambitionierten Zweitligisten SG BBM Bietigheim. Seinem Vorbild folgten in den nächsten Wochen etliche Spieler, darunter auch einige Leistungsträger der vergangenen Jahre. Der personelle Umbruch sollte vor allem durch junge Spieler aus der Region sowie Akteuren aus der eigenen Jugendarbeit gestemmt werden. Neben dem Kreisläufer Claudio Schneck vom HC Erlangen verpflichtete man auch den in der Bayernliga sehr erfolgreichen Linkshänder Lukas Aigner vom TSV Simbach. Er ist seit kurzem nach längerer Verletzungspause wieder ins Team zurückgekehrt. Dennoch blieben dem Team um den neuen Trainer Harald Rosenberger (37) auch einige der Leistungsträger treu. Kopf der Mannschaft und erfolgreichster Torschütze (122 Tore) ist Spielmacher Miroslav Ilic, dem zahlreiche Experten ohne weiteres Zweitliga– Niveau bescheinigen. An seiner Seite hat sich Jonathan Scholz (109 Tore) nach seinem Wechsel von der Außen– auf die Rückraumposition längst als feste Größe etabliert. Auf der rechten Seite wirbelt mit Fabian Maier–Hasselmann ein weiterer ehemaliger Spieler vom HC Erlangen, auf der linken Seite Simon Lodemann, seit Wochen in Topform. Kreisläufer Panagiotis Erifopoulos (20), der nach seinem zweiten Kreuzbandriss im linken Knie für mehrere Monate ausgefallen war, wirbelt seit einigen Spielen wieder die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander und hat in wenigen Partien bereits 21 Tore erzielt. Als eine der Stützen in der Defensive hat sich im bisherigen Verlauf der Runde Manuel Vilchez-Moreno erwiesen. Daneben hat er als spielender Co-Trainer eine weitere wichtige Rolle im Team.
Trotz dieser starken Besetzung wurde vom TSV lediglich der Klassenerhalt als Saisonziel definiert. Zunächst lief es auch sehr gut für die Schwaben. Nach elf Spieltagen lag man im gesicherten Mittelfeld auf Rang 7. Danach musste man jedoch acht Niederlagen am Stück hinnehmen und rutschte auf Rang 13 ab. In den fünf Spielen seither errang man jedoch vier Siege, unter anderem gegen den Staffelprimus HSC Bad Neustadt. Mit inzwischen 20 Pluspunkten liegt man derzeit auf Rang Elf, hat einen Vorsprung von fünf Punkten auf die Abstiegsränge und hat damit den Klassenerhalt mehr oder weniger in der Tasche. Dennoch wird Harald Rosenberger sein Team auf das Derby gegen Auerbach entsprechend einschwören um einen weiteren Schritt weg von den Abstiegsplätzen zu tun.
Für Auerbachs Spielertrainer Tobias Wannenmacher ist die Partie am Samstag ein Gradmesser für die Wertigkeit des Sieges gegen Balingen. Ob er dabei auf die Dienste von Philipp Walzik im Tor zurückgreifen kann, ist eher fraglich. „Wir werden nach dem Spiel gegen Friedberg wissen, ob und was der Sieg vom letzten Samstag wert ist. Nur wenn auch diesmal wieder punkten bringt uns das unserem Ziel näher.“ Zumindest für die angekratzte Psyche und das Selbstbewusstsein seiner Jungs war das Erfolgserlebnis äußerst wichtig.
Aufstellung: Adam, Walzik (?), Schramm, Tannenberger, Weiss, Müller, Werner, Wannenmacher, Schnödt, Brodschelm, Herold, Wolf, Schmidtke, Schöttner