Einen derartigen Begeisterungssturm von den Rängen hatte man in der Helmut-Ott-Halle zuletzt nach dem Unentschieden gegen die HSG Gensungen/Felsberg im alles entscheidenden Abschlussspiel der vergangenen Saison erlebt. Eine blau-weiße Spielertraube hüpfte jubelnd über das Feld und feierte zusammen mit seinen Unterstützern ausgelassen den ersten doppelten Punktgewinn seit elf Spieltagen - und das ausgerechnet gegen den spielstarken HBW Balingen-Weilstetten II, Bundesligareserve und bis dato auf Tabellenplatz Sechs gelegen.
Dabei hatte das Spiel mit einer Hiobsbotschaft begonnen. Philipp Walzik konnte wegen einer Blockade im Brustwirbelbereich nicht zwischen den Pfosten stehen und musste das Spiel im Bett liegend über den Live-Ticker im Internet verfolgen. „Ich hätte viel lieber in der Halle mit meinem Team mitgefiebert, wenn ich schon nicht spielen kann. Leider war selbst das nicht möglich“ meinte er einerseits enttäuscht, andererseits jedoch ebenso begeistert wie seine Kollegen. Für ihn stand ein „alter“ Bekannter auf dem Spielberichtsbogen. Werner „Pim“ Groß ließ sich nicht lange bitten und sprang kurzfristig für den etatmäßigen Keeper ein.
Kaum hatte das souverän leitende Schiedsrichtergespann Heiko Jäger/Christian Luther die Partie angepfiffen, zeigte die Gastgeber auch schon, dass sie dieses Spiel als wegweisend für den Rest ihrer Runde ansahen. Nach 30 Sekunden netzte Felix Müller erstmalig ein, nach einer Minute hatte Mario Schmidtke bereits auf 2:0 erhöht. Erst jetzt kamen auch die Gäste besser ins Spiel. Ihr bisher bester Torschütze Benedikt Brielmeier traf zum ersten, aber auch zum letzten mal in diesem Spiel. „Wir wussten, dass er ein extrem torgefährlicher Spieler ist und hatten ihn während der gesamten Spielzeit sehr gut unter Kontrolle“ erklärte Auerbachs Spielertrainer Tobias Wannenmacher nach der Partie. Allerdings hat Balingen mehr als nur einen spielstarken Akteur in seinen Reihen und so sprangen mit Jan Remmlinger und Jannik Hausmann zwei andere Jung-Gallier ein und erzielten jeweils 6 Treffer.
Es entwickelte sich ein sehr ausgeglichenes Spiel mit zunächst minimalen Vorteilen für die Gäste. Einige unglückliche Abschlussversuche der Blau-Weißen resultierten in Toren für die Gäste und brachten Auerbach in der 11. Minute erstmals einen Zwei-Tore-Rückstand (5:7). Dann jedoch drehte sich das Spiel, die aggressive Abwehr der Oberpfälzer eroberte in Zusammenarbeit mit dem glänzend aufgelegten Raul Adam im Tor einige Bälle und erzielte vier schnelle Tore aus der ersten Welle zum 9:7. Das Momentum war nun auf Seiten der Hausherren, hielt jedoch nur bis zur 19. Minute. Lediglich 90 Sekunden benötigten die Gäste um selbst mit drei Toren am Stück das Ruder wieder in die Hand zu nehmen. Als dann sowohl Mario Schmidtke als auch Kenny Schramm vom Siebenmeterpunkt vergaben, kamen auf den Rängen erste Bedenken auf. Nicht so auf dem Feld. Unbeirrt kämpfte die Wannenmacher-Sieben weiter um jeden Zentimeter und um jeden Ball. Beide Teams taten sich jetzt unheimlich schwer, ein Tor zu erzielen. Von der 22 bis zur 29. Minute gelang hüben wie drüben kein einziger Treffer, entweder weil gute Möglichkeiten vergeben oder von den guten Torhütern entschärft wurden. Auerbach übernahm kurz vor der Sirene die Führung, musste aber erneut den Ausgleich zum 13:13 Pausenstand hinnehmen.
Die zweite Hälfte begann ähnlich zäh wie die erste geendet hatte. Nach fast acht Minuten hatten beide Teams zusammen erst fünf Tore erzielt, Auerbach drei, Balingen zwei. Erneut zeigte das junge Team um Trainer Eckard Nothdurft, dass es trotz eines Altersdurchschnitts von deutlich unter 21 Jahren zurecht im oberen Teil der Tabelle angesiedelt ist. Vier schnelle Tore am Stück brachten den Gästen wieder die Führung. Manch einer befürchtete schon einen ähnlichen Verlauf wie im Hinspiel, als Auerbach zur Pause mit drei Treffern in Front lag, aber innerhalb weniger Minuten sechsmal den Ball aus dem eigenen Netzt fischen musste und so das Spiel aus der Hand gab. Doch diesmal ließen sich die Oberpfälzer nicht so einfach abschütteln. In der 51. Minute erzielte Matthias Werner per Strafwurf den 20:22 Anschlusstreffer. Vor allem der Routinier im Zusammenspiel mit einem bestens aufgelegten Andreas Wolf auf der linken und Mario Schmidtke und Philipp Schöttner auf der rechten Seite drückten dem Spiel der Gastgeber in dieser zweiten Hälfte ihren Stempel auf. Leider konnten auch sie zunächst nicht verhindern, dass die Jung-Gallier in der 52. Minute durch einen Treffer in Unterzahl ihren Vorsprung sogar auf vier Tore ausbauten (20:24).
War es das gewesen? In den letzten Partien hatten die Blau-Weißen zwar ähnliche Situationen erlebt, sich oft wieder herangekämpft aber am Ende doch den Kürzeren gezogen. In dieser wichtigen Phase des Spieles erwies sich Torhüter Raul Adam mit einigen sehenswerten Paraden als wichtiger Rückhalt seines Teams. Zudem zeigte das Auerbacher Publikum trotz der schwierigen Situation, dass es geschlossen hinter der Mannschaft steht und feuerte sie lautstark an. Drei schnelle Tore verkürzten den Rückstand bis zur 54. Minute wieder auf ein Tor (23:24). Selbst eine Zeitstrafe zur Unzeit gegen Philipp Schöttner brachte Auerbach nicht mehr aus dem Rhythmus. Werner, Wolf und Schmidtke auf der einen und Remmlinger auf der anderen Seite lauteten die Namen der Torschützen bis zum Gleichstand von 26:26.
Lediglich 45 Sekunden standen noch auf der Uhr, als Auerbach eine letzte Auszeit nahm und nur noch sieben Sekunden, als Matthias Werner sich ein Herz nahm, mit einem Schlagwurf die Halle zum Überkochen brachte und sich zum Helden des Spieles machte. „Wir haben deutlich zu viele technische Fehler gemacht. Für unsere Verhältnisse war diese Quote unterirdisch“ meinte Balingens Trainer Eckard Nothdurft nach dem Spiel. „Wenn man acht Minuten vor dem Ende mit vier Toren führt und das Spiel dann doch noch aus der Hand gibt, dann hat man es nicht verdient zu gewinnen.“ Tobias Wannenmacher lobte neben der tollen Unterstützung durch das Publikum sein gesamtes Team für den gezeigten Einsatz und für den ungebrochenen Willen, das gemeinsame Ziel doch noch zu erreichen. „Wir sehen es in jeder Trainingseinheit, der Teamgeist ist intakt, die Jungs wollen in jedem Spiel alles geben. Heute hatten wir endlich auch einmal das Glück auf unserer Seite.“
Mit einem Augenzwinkern blickte er dann noch in die nähere Zukunft. „Möglicherweise war das der Startschuss für einen ähnlichen Lauf wie zum Ende der vergangenen Saison, nur dass es eben diesmal sieben Spiele sind, in denen wir punkten müssen.“ Was dieser Sieg letztlich wert ist, wird sich bereits am nächsten Wochenende zeigen. Dann geht es nach Friedberg, wo die Oberpfälzer noch eine Rechnung offen haben.
Es spielten: Adam, Groß, Schramm (2), Tannenberger, Weiss (1), Müller (2), Werner (5/1), Wannenmacher, Schnödt, Brodschelm, Herold, Wolf (5), Schmidtke (8), Schöttner(4)