Handball – 3. Liga Süd Philipp Seitle heuert nach seinem Rauswurf beim Zweitligisten SC DHfK Leipzig in Coburg an. Sebastian Roth und Till Riehn verletzt, Hajck Karapetjan kehrt zurück.
Autsch – das war hart. 16 Zeitstrafen, gerecht auf beiden Seiten verteilt, gab es in der lange umkämpften Partie zwischen dem SV 08 Auerbach und dem HSC 2000 Coburg. Die brachten kaum den Rückraumwerfer Felix Müller unter Kontrolle, hatten hinten die Partie aber insgesamt im Griff. Dabei spielte der zwangsläufig neu formierte Coburger Abwehrverband nach der Pause auch erstmals statt mit einer defensiven 6:0-Formation in der offensiven 3-2-1-Variante. Am Ende setzte sich die bessere Coburger Substanz durch, auch weil man sich nach einem Drei-Tore-Rückstand zu Beginn der zweiten Halbzeit auch auf seine spielerischen Optionen besann und der 45 Minuten unheimlich aggressiven und beweglichen Auerbacher Abwehr die Puste ausging. Andreas Wolf mit drei und Kenny Schramm mit fünf Treffern, beide letztes Jahr ebenfalls noch in Coburg aktiv, waren neben Felix Müller die auffälligsten Auerbacher, während Mario Schmidtke, Top-Scorer der Liga, nicht wie gewohnt zum Zuge kam.
Diesmal war sogar die langjährige Betreuerin Sonja Hennig informiert worden, dass der der HSC einen neuen Spieler verpflichtet hatte. War ihr in der vergangene Woche Waldemar Strezelec noch unbekannt, teilte ihr HSC-Coach Jan Gorr den weiteren Neuzugang diesmal höchstpersönlich mit: „Wir haben mit Philipp Seitle einen neuen Spieler dabei.“ Die Verpflichtung war notwendig geworden, da mit Sebastian Roth (Rückenprobleme) und Till Riehn (Jochbeinanbruch) weitere Leistungsträger beim HSC auf unbestimmte Zeit ausfallen, in jedem Fall in diesem Jahr nicht mehr auflaufen werden. Dessen Verpflichtung läuft bis zum Saisonende. Damit zeigt sich, dass die Coburger Funktionäre nichts dem Zufall überlassen wollen, beim Versuch, den HSC Bad Neustadt doch noch irgendwie abzufangen. Vorstandssprecher Stefan Apfel: „Wir wussten, dass Phillip Seitle auf dem Markt ist, dann kamen die Verletzungen. Da haben wir schnell reagiert, Jochen Knauer hat von einer Geschäftsreise von Russland aus die Dinge geregelt. In Zeiten moderner Kommunikation geht das alles sehr schnell und am Freitagabend hat er das erste Mal bei uns trainiert.“ Seitle war Anfang der Woche beim Zweitligisten SC DHfK Leipzig „aufgrund wiederholter disziplinarischer Verstöße“ entlassen worden, so der Verein in einer Pressemittteilung. Die Verletzungsmisere in Coburg bezeichnete Jan Gorr als „Super-Gau“, Steffen Coßbau sprach nach der Partie sogar von einer „Notbesetzung“. Die schlug sich aber wacker, auch wenn es mit der Feinabstimmung verständlicherweise ab und an haperte.
Schnell hatte sich der HSC-Neuzugang unter den 120 mitgereisten Fans rumgesprochen und wenigstens war Hajck Karapetjan erstmals in dieser Saison einsatzfähig und begann somit gleich auf der Mittelposition. Wie seine Mannschaftskollegen tat er sich gegen die sehr aufmerksame Auerbacher Abwehr schwer – zudem ließen die Coburger in der Anfangsphase einige gute Möglichkeiten aus. Auch eine doppelte Überzahl wurde nicht optimal genutzt. Dafür waren die Coburger in Unterzahl hellwach und zwei Mal erfolgreich. Erstmals mit mehr als zwei Toren konnte sich der HSC nach 18 Minuten (5:7) absetzen. Zu diesem Zeitpunkt standen bereits fünf Zeitstrafen zu Buche und genauso viele frei vergebene Chancen auf Seiten der Coburger.
Die waren auch mit verantwortlich dafür, dass die Gastgeber, die im Angriff lange auf ihre Chance zum Wurf warteten, aus dem 8:9 ein 11:9 machten. Denn ab und an stockte es eben doch im Coburger Spielaufbau, vieles lief ein bisschen unrund und vor allem war Dominic Kelm am Kreis meist bestens abgeschirmt und der HSC-Angriff somit einer seiner Toroptionen beraubt.
Nach dem 13:10 (32.) beschwerte sich Jan Gorr völlig zurecht darüber, dass Kelm am Kreis schon gehalten geklammert und niedergerungen wird, ehe der Ball zu ihm kommt, in dieser Hinsicht konnte sich die Auerbacher Abwehr sehr viel erlauben, ließ dann aber genau hier nach. Aus dem erstmaligen Drei-Tore-Rückstand machte der HSC in einem weiter wenig schönen, aber sehr kampfbetonten Spiel ein 13:15 (39.). Vor allem deswegen, weil man jetzt mehr versuchte den Angriffsaufbau spielerisch zu lösen. Von der Dominanz der vergangenen Saison in Auerbach war Coburg zwar weiter weit entfernt, aber aufgrund der Personalsituation war das auch nichts anders zu erwarten.
Wenigstens behauptete man jetzt seinen knappen Vorsprung, setzte mehr und mehr spielerische Nadelstiche. Des Öfteren war die Auerbacher Abwehr nun den berühmten Tick zu spät dran, Coburg nutzte die sich bietenden Lücken. Entschieden wurde die Partie zwischen der 49. und 53. Minute. Der HSC machte aus einem 16:18 ein 17:21 und profitierte dabei von einer roten Karte gegen den Top-Scorer des SV 08, Mario Schmidtke. Die wird wohl auch zu einer längeren Sperre führen, da die SR im Spielberichtsbogen einen Griff in den Unterleib (gegen Hajck Karapetjan) vermerkten und einen gesonderten Bericht ankündigten.
Zwar gab sich Auerbach auch nach dem Vier-Tore-Rückstand noch nicht geschlagen, aber routiniert und konzentriert spulte Coburg die restlichen Minuten herunter. Andersson und Co. ließen sich auch durch eine offensive Abwehr des Gegners, der seinerseits auf Spielertrainer Tobias Wannenmacher auf der Platte verzichten musste, nicht mehr beeindrucken.
SR: Heiko Jäger (Eisenach) / Christian Luther (Meiningen)
HSC 2000 Coburg: Havard Martinsen, Jonas Faber, Waldemar Strzelec,– Philipp Barsties (1), Ronny Göhl (9/5), Johan Andersson (3), Nikola Franke, Dominic Kelm (5), Hajck Karapetjan (3), Sebastian Kirchner (1), Jiri Vitek, Tomas Riha, Steffen Coßbau (2), Maximilian Drude (1), Philipp Seitle (1). – Zeitstrafen: 8 / Siebenmeter: 6/5
SV Auerbach 08: Raul Adam, Philipp Walzik – Volker Hackenberg, Kenny Schramm (5/2), Ralph Weiss, Sebastian Walz, Felix Müller (6), Maximilian Hofmann, Maximilian Lux (1), Dominik Brodschelm (2), Karsten Herold, Andreas Wolf (3), Mario Schmidtke (4/1). – Zeitstrafen: 8 / Siebenmeter: 4/3
Besonders Vorkommnis: rote Karte mit Bericht gegen Marion Schmidtke (51:08)
STIMMEN ZUM SPIEL
HSC-Trainer Jan Gorr: „In dieser emotionalen Partie war kein Schönheitspreis zu gewinnen. Das haben wir schon vor der Partie gewusst. Dann kamen die Verletzungen und das hat es natürlich nicht einfacher gemacht. Es war ein hartes Stück Arbeit, weil uns ja der Rückraum weggebrochen ist und wir unser System umstellen mussten. Unter diesem Aspekt muss ich vor der Mannschaft meinen Hut ziehen. Vor allem weil wir erstmals eine 3-2-1-Deckung gespielt haben und das so gemacht haben, als wenn wir die schon immer spielen. Auerbach hat lange unheimlich präzise gespielt und uns bis zum Schlussgefordert.“
SV-Trainer Tobias Wannenmacher: „Vor der Pause sind wir ein hohes Tempo mitgegangen, da gab es auch noch keine Verschleißerscheinungen. Unheimlich schwer war es am Kreis gegen Kelm zu arbeiten, das hat uns über die gesamte Spielzeit gefordert. Wir haben uns dann mehr und mehr aufgerieben. Hinzu kamen die vielen Zeitstrafen. Das hat Coburg für sich genutzt um sich entscheidend abzusetzen.“
HSC-Vorstandsprecher Stefan Apfel: „Wir gehen aktuell auf den Zahnfleisch mit dem Wahnsinns-Verletzungspech das wir haben. Natürlich haben wir immer noch einen guten Kader, aber heute stand eine erste sechs auf der Platte, die normalerweise so in der Zusammensetzung nie zusammenspielt. Da bekommen auch wir Probleme. Da muss ich vor der Mannschaft den Hut ziehen, wie sie es gelöst haben. Sie hatten den Kampf angenommen und zwei Punkte geholt – Mund abwischen und weiter machen. “
HSC-Spielführer Ronny Göhl: “Es war ein hartes Stück arbeitet. Auerbach hat genauso wie wir Verletzte zu beklagen, sie hatten aber den Heimvorteil und gekämpft, alles gegeben und hart gegen uns gespielt. Wir haben uns aber nicht verrückt machen lassen. Die Breite und die Qualität des Kaders hat dann gesiegt. Wir haben ein Ziel das wollen wir erreichen, egal wie viele Verletzte wir haben.“
HSC-Neuzugang Philipp Seitle: „Es ging jetzt verdammt schnell der Wechsel hier nach Coburg. Ich habe gestern einmal trainiert um so gut wie es geht zu helfen. Ich denke das hat ganz gut geklappt und für die Mannschaft war dieser Erfolg unter den Bedingungen sehr wichtig.“
Bericht von Ralph Bilek
Sprungbrett HSC 2000 Coburg