Knapp viereinhalb Monate sind eigentlich nicht viel Zeit. Im Sport hingegen können viereinhalb Monate Welten bedeuten, kann im schnelllebigen Sportbusiness diese Zeitspanne doch alles verändern. Nicht alles, aber viel hat sich bei der HSG Konstanz seit dem 6.10.2013 verändert. Damals, beim Hinspiel in Auerbach, hatte sich eine völlig indisponierte HSG nach einer schwachen Leistung gerade beim SV 08 in der Oberpfalz mit 19:23 geschlagen geben müssen. Die Folge: Konstanz fiel mit 4:8 Punkten auf den zehnten Tabellenplatz hinter Auerbach zurück – die, abgesehen vom ersten Spieltag, bislang schlechteste Platzierung für Konstanz in dieser Saison.
Das junge Team mit einem Altersdurchschnitt von unter 23 Jahren hatte mit der Integration der fünf Neuzugänge in das System und dem Weggang von zwei Leistungsträgern zu kämpfen. Die Feinabstimmung und die gewohnten Abläufe stimmten einfach noch nicht. Knapp viereinhalb Monate später zeigte sich beim Rückspiel in Konstanz ein komplett anderes Bild. Der Gastgeber vom Bodensee war mittlerweile auf den vierten Platz geklettert, die Gäste aus Bayern hingegen sind mittlerweile auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht.
Und dennoch schlug sich das im Vergleich zur Hinrunde nunmehr komplett veränderte Tabellenbild zunächst nicht im Spielverlauf nieder. Auerbach steht enorm unter Druck, braucht jeden Punkt im Kampf um den Klassenerhalt. Dementsprechend präsentierten sich die Gäste in den Anfangsminuten: Es wurde um jeden Meter gekämpft, und versucht, mit hohem Einsatz und einer körperbetonten Spielweise gegen die heimstarken Konstanzer dagegenzuhalten. Konstanz tat sein Übriges, wirkte in den ersten Minuten noch sehr unkonzentriert und fahrig – sowohl im Spielaufbau als auch in der sonst so sicher agierenden Defensivformation. Auerbach nutzte die sich bietende Chance für einen Blitzstart: 0:3 hieß es nach knapp drei Minuten. Die Gastgeber stabilisierten sich allerdings in der Folge recht schnell, sodass die Partie in der zwölften Minute durch einen schönen Spielzug, den Sebastian Groh vom Kreis erfolgreich abschließen konnte, beim 6:5 gänzlich gedreht war und die HSG das erste Mal in Front lag.
Auch ohne den aufgrund eines dreifachen Rippenbruchs pausierenden Simon Flockerzie hatte Konstanz das Spiel nun im Griff und konnte sich – auch wenn sich Auerbach nach wie vor mit einer aggressiven Deckung dagegen stemmte – gerade in den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit bis zur Pause auf 14:11 absetzen. Simon Oesterle bemerkte, dass die HSG „schlecht in die Partie gefunden, sich dann aber vor allem in der Abwehr immer besser gefunden hat. Wir waren nach der unglücklichen Schlappe vom letzten Freitag heiß auf die Wiedergutmachung, haben unter der Woche hart und gut trainiert und heute mit einer geschlossenen Teamleistung verdient den Sieg geholt.“
Doch wie schon zu Beginn der ersten Hälfte kam die HSG erneut sehr schleppend zurück in das Spiel und ließ wieder das Tempo, den konsequenten Zug zum Tor und die nötige Flexibilität vermissen. Kurzzeitig konnte Auerbach dadurch auf 15:13 (36.), sowie 20:17 (44.) verkürzen. Die letzten zehn Minuten der Partie gehörten aber wieder – wie so oft in eigener Halle – nur der HSG Konstanz. Über 22:19, 25:20 und 28:20 wurde schließlich ein souveräner 29:22-Sieg mit den 700 Zuschauern gefeiert. „Es war wichtig, den Gegner auf fünf Tore zu distanzieren“, so Simon Flockerzie, „das ist die magische Grenze, wo es dann etwas entspannter zugeht.“ Wieder einmal war für den Gegner gegen die kompakte Defensive der HSG mit zwei guten Torhütern, Patrick Glatt und Max Folchert wussten auch wieder zu überzeugen, kaum mehr ein Durchkommen. Phasenweise verzweifelten die Gäste regelrecht am Konstanzer Abwehrverbund und mussten immer wieder bei drohendem Zeitspiel aus unvorbereiteten Situationen abschließen. Eine leichte Beute für Patrick Glatt und Max Folchert. So herrschte am Ende wieder Volksfeststimmung in der „Schänzle-Hölle“, als die „Mannschaft der Zukunft“ die geglückte Revanche und Saisonsieg Nummer 13 feiern konnte. Trotzdem, Paul Kaletsch betonte hernach, dass „es heute vor allem körperlich dennoch sehr hart war, wir als junges Team ohne die große Routine immer kämpfen müssen. Das kostet Kraft, doch wir haben gute Lösungen gefunden – auch weil wir eine gute Einstellung, nicht nachgelassen und immer den Weg zum Tor gesucht haben.“
Nach dem Tiefpunkt am 6.10.13 mit der Niederlage in Auerbach und dem abrutschen auf Platz zehn hatte Sebastian Groh noch in einem Doppelinterview mit Simon Flockerzie gemeint, der überaus jungen Mannschaft der HSG „gehöre die Zukunft“. Knapp viereinhalb Monate später lässt sich diese Aussage auch durch Zahlen untermauern. Seit der Niederlage in der Oberpfalz erspielte sich Konstanz 23:7 Punkte und kletterte von Position zehn auf Platz vier. „Mir war bewusst, dass wir mit diesem Team noch viel Freude haben werden, wenn wir die Geduld bewahren. Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung des Teams, da steckt schon viel Potential drin“, meinte denn auch Simon Flockerzie viereinhalb Monate nach der prekären Situation im vergangenen Oktober. Es hat sich viel verändert in den letzten Monaten, hat das Team der HSG doch eine beachtliche Entwicklung und gar Tabellenplatz drei in der Rückrundentabelle vorzuweisen. Da spielte es gegen Auerbach auch keine Rolle, dass erneut drei Siebenmeter nicht verwertet werden konnten und sowohl die Latte als auch die Pfosten der beiden Gehäuse ein halbes Dutzend Mal einer gründlichen Standfestigkeitsprüfung unterzogen wurden. „Wer weiß, was mit diesem Team in der nächsten Saison noch möglich ist“, meinte Mannschaftskapitän Patrick Glatt mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht in Bezug auf die gute Entwicklung seiner Equipe. Viereinhalb Monate – eine kurze Zeit im Sport, in der sich viel verändern kann. Wer weiß, wo sich Konstanz in viereinhalb Monaten befindet…
HSG Konstanz: Glatt, Folchert (Tor); Kaletsch (5), Mittendorf, Oesterle (1), Groh (6), Riedel (3), Hafner (4/2), Schlaich (4/1), Faißt (4), Schatz (2/1), Krüger, Lauber, Bruderhofer.
Zuschauer: 700
Sprungbrett HSG Konstanz