Es ist mit etwa 180 Kilometern eine der kürzesten Auswärtsfahrten der gesamten Saison, die den Handballern des SV 08 Auerbach an diesem Sonntag bevorsteht. Bad Blankenburg, eine thüringische Kleinstadt, liegt im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt am Saalezufluss Schwarza und war bis 2007 ein staatlich anerkannter Luftkurort. Trotz mehrerer Eingemeindungen ist die Einwohnerzahl Bad Blankenburgs von über 10.100 im Jahr 1960 auf heute unter 6.700 ständig gesunken. Der Ort, der sich gerne selbst „Lavendelstadt“ nennt, entstand am Fuße der einst ebenfalls „Blankenburg“ genannten „Burg Greifenstein“. Letztere zählt neben den beiden Kirchen, der Stadthalle von 1930, sowie der Ruine des ehemaligen Kurhotels „Chrysoras“ ebenso zu den Sehenswürdigkeiten, wie das Wohnhaus von Friedrich Fröbel, der im Jahre 1840 in Bad Blankenburg den ersten Kindergarten Deutschlands gründete. Handball, oder was man damals darunter verstand, wird in der Stadt seit 1946 gespielt. Damals taten sich einige Interessierte zusammen und spielten in Ermangelung eines geeigneteren Spielgerätes mit einem Fußball Feldhandball.
Heute wird hier hochklassiger Handball gespielt. Lange Jahre in den unteren Ligen Thüringens beheimatet, gelang den Lavendelstädtern 2008 erstmals der Aufstieg in die damalige Regionalliga. Eingeteilt in die Südwest-Staffel gelang im ersten Jahr der Klassenerhalt, bevor man im Jahr darauf wegen der durch die Umstrukturierung im deutschen Handball nötigen verschärften Abstiegsregelung als Tabellen-Elfter zurück in die Oberliga musste. Doch bereits nach der Saison 2012/13 kehrte man in die 3. Liga zurück und erreichte als Neuling 30:30 Punkte und einen sensationellen neunten Tabellenplatz. In der vergangenen Runde gelang dieses Kunststück jedoch nicht noch einmal, vielmehr stand man am Ende einer durchwachsenen Saison auf einem klassenerhaltenden zwölften Rang.
Doch das soll sich in der aktuellen Saison ändern. Da nur wenige Abgänge (4) zu verkraften waren, stellen die Schwarzataler ein gut eingespieltes Team auf die Platte, ergänzt durch einige junge aber auch hochwertige Neuzugänge. Neben dem Serben Dusan Maric auf Rechtsaußen (22) und dem Polen Wiktor Malinowski (21) im Rückraum kamen Linksaußen Moritz Rahn (20), Rechtsaußen Philipp Große (22) sowie Frank Grohmann (25) und Felix Kempe (25), beide für die rechte Rückraumseite, hinzu. Torgefährlichste Akteure waren in den bisherigen Spielen jedoch aus dem linken Rückraum Paul Weyhrauch (25) mit 42 Treffern, Radoslav Miler (29) mit 23 Treffern von beiden Rückraumpositionen und Marcel Werner (29, 20 Tore) von Linksaußen. Als schwer zu kontrollieren erwies sich bisher auch Kreisläufer Juraj Geci, der seine 101 Kilogramm positionsgerecht einzusetzen weiß. Zudem kann sich die Abwehr der Lavendelstädter auf ihre erfahrenen Torhüter Tobias Jahn (31) und Felix Herholc (27) verlassen.
Um den slowakischen Kapitän und Spielmacher Juraj Nižňan (32), der ebenso wie Malinowski und Maric als Beruf „Handballer“ angibt, wurde somit eine schlagkräftige und körperlich starke Mannschaft aufgebaut. Nižňan ist dabei der verlängerte Arm von Trainer Rüdiger Bones, der „schnellen und schlauen Handball“ bevorzugt und nicht „mit der Brechstange gewinnen will“. Mittelfristig sieht Bones, im August 2014 vom VfL Potsdam gekommen, sein Team in der 2. Bundesliga, wobei er es zunächst erst einmal in der 3. Liga dauerhaft etablieren möchte. Dies scheint in der laufenden Saison ganz gut zu funktionieren, liegt man doch mit 8:4 Punkten klar über der „Mittellinie“ und weist damit einen deutlich besseren Saisonstart aus, als noch im vergangenen Jahr. Damals lautete das Saisonziel zwar ebenfalls Rang Fünf mit der mittelfristigen Zielsetzung 2. Bundesliga, doch nach 0:10 Punkten musste dieses Ziel gezwungenermaßen revidiert werden. Zum damaligen Zeitpunkt stand sogar Trainer Bones, der als „harter Hund“ gilt und eine „andere Trainingsqualität“ zum HSV brachte, in der Kritik. Dennoch standen der Verein, namentlich Präsident Georg Jahn, aber auch das Team zum Trainer und ernten nun die Früchte ihrer Bemühungen. So gelang den eigentlich als vor allem heimstark geltenden Thüringern zuletzt ein klarer Erfolg (23:28) beim TV Kirchzell.
Für die personell eher schmal ausgestatteten Auerbacher könnte sich einmal mehr als größter Nachteil erweisen, dass der Kader des HSV mindestens 17 Spieler umfasst und Rüdiger Bones voraussichtlich aus dem Vollen schöpfen kann. Dabei kann Tobias Wannenmacher am Sonntag möglicherweise nicht auf Lars Goebel zurückgreifen. Er hatte sich an der linken Hand eine schmerzhafte Schnittverletzung zugezogen und konnte daher nur sehr eingeschränkt trainieren. „Der Schnitt wurde zwar getackert, aber ich bin nicht sicher, ob er bis zum Sonntag soweit zuheilt“ so der junge Torhüter. Für Spielertrainer Tobias Wannenmacher liegt der Schlüssel für einen erfolgreichen „Sonntagsausflug“ in einer verbesserten Abwehr. „Wir müssen wieder zurückkommen zu unserer Abwehrstärke der ersten Spiele. Dazu brauchen wir aber fitte und wache Leute. Zumindest sind außer Matthias Schnödt alle wieder an Bord“ freut sich der Trainer über die eine oder andere zusätzliche Wechselmöglichkeit.
Aufstellung: Bayerschmidt, Goebel, Tannenberger, Weiss, Neuß, Lux, Wannenmacher, Herold, Büttner, Schramm, Müller, Wolf, Schöttner