Der erwischte einen Sahnetag. Ohne dessen Leistung wäre wohl eine Heimniederlage fällig gewesen, da kaum einer seiner Vorderleute Normalform erreichte. Mit einer klaren Ausnahme: Der zuletzt zurecht gescholtene Sebastian Roth sorgte mit neun Treffern aus dem Rückraum auch für sich selbst für einen Befreiungsschlag und war gemeinsam mit Krechel der „Vater des Erfolges“.
Allerdings wurde es nichts mit der von den Coburger Fans gewünschten Schützenhilfe. Die DJK Rimpar Wölfe hatten den SC Magdeburg II nach Anlaufschwierigkeiten beim 30:26-Sieg klar im Griff und der HSC Bad Neustadt beim HC Elbflorenz mächtig Dusel. Die Saalestädter führten in der Partie ein einziges Mal – beim Endstand von 18:19.
HSC 2000 Coburg – SV 08 Auerbach 29:25 (14:11) Ein bisschen skeptisch haben die SV-Verantwortlichen vor der Partie schon geschaut, als Johan Andersson mit Sporttasche die Halle betrat und sich dann auch zusammen mit der Mannschaft warmmachte. Doch auf dem Weg in die Halle hatte der Schwede dem Tageblatt bereits verraten: „Nein, das sieht nur so aus – es ist noch nicht soweit.“ Als die Spielformulare kamen, gab es dann auch Entwarnung für Auerbach. Eine Premiere gab es für Hakan Balkan. Erstmals konnte er sein „Gebt mir ein H, gebt mir ein S, gebt mir ein C“, von einem Scooter aus, der in der Halbzeitpause verlost wurde, den 2517 Zuschauern zurufen.
Gleich bei der ersten Abwehraktion verletzte sich Auerbachs Karsten Herold am Arm und musste von den Sanitätern in die Kabine geführt werden. Im HSC-Angriffspiel war zunächst mächtig Sand im Getriebe – es gab gleich drei technische Fehler in den ersten fünf Minuten. Zudem dauerte es mehr als vier Minuten ehe der erste Treffer gelang. Dafür blockte die Abwehr mehrmals Bälle, aber irgendwie fand der Ball den Weg trotz angezeigtem Zeitspiel dennoch ins Tor.
Erst als Oliver Krechel bereits den zweiten Strafwurf und seinen fünften Ball insgesamt parierte war der Weg frei zur ersten HSC-Führung beim 5:4 nach 12 Minuten. Vier Minuten später setzte der HSC-Herbstzugang noch einen drauf und blieb auch im dritten Strafwurfduell Sieger, im Gegenzug traf der am Kreis freigespielte Sebastian Kirchner zum 7:5 (18.). Zu diesem Zeitpunkt wurde der etatmäßige Kreisläufer des HSC, Dominic Kelm am linken Knöchel behandelt, der gekühlt und dann auch noch getapt – doch es nützte alles nichts, als zwanzig Minuten gespielt waren hüpfte Kelm auf einem Bein in die Kabine. „Eine Bändergeschichte – ob und wie lange er ausfällt muss man nach den Untersuchungen sehen“ äußerte sich HSC-Coach Horvat nach dem Spiel. Aber wenigstens hatte seine Mannschaft dank eines sensationell aufgelegten Oliver Krechel jetzt vier Tore zwischen sich und den Gegner gebracht (9:5). Sebastian Roth, zuletzt mit viel mehr Schatten als Licht, bewies bereits zu diesem Zeitpunkt mit fünf Treffern und einer sehenswerten Vorlage auf Ronny Göhl viel Übersicht und unterstrich seine Möglichkeiten.
Unter ihren Möglichkeiten blieb aber das HSC-Ensemble. Die meist gestellt Frage unter den Fans war: „Wie würde das aussehen, wenn Olli nicht so toll halten würde?“ Die hatten auch gleich die Antwort parat: „Dann sähe es richtig düster aus!“ Denn Krechel sorgte dafür, dass die Gäste eine Trefferquote unter 30 Prozent hatten und auffällig war auch der Unterschied der Torwürfe – bis zur 25. Minute hatten es die Gäste 26 Mal versucht, Coburg nur 14 mal. Ein Zeichen dafür, dass der „Rebound“ (zu) oft beim Gegner des HSC landete.
Auch die zweite Halbzeit musste Kelm mit bandagiertem Knöchel von der Bank aus ansehen, zeitweise umlagert gleich von drei Physiotherapeuten der Coburger, die um die Wichtigkeit des permanenten Unruheherdes beim HSC 2000 am Kreis wissen. Dessen Part musste nun Mirza Cehajic übernehmen und löste diese ungewohnte Aufgabe gut. Was den Coburgern aber fehlte, war der letzte Biss, die letzte Entschlossenheit und vor allem die Konzentration beim Torabschluss. Das 17:16 (42.) war das Ergebnis dieser Spielweise. Wäre da nicht Krechels Bilanz gewesen, der zu diesem Zeitpunkt 18 gehaltene Bälle vorweisen konnte – Coburg hätte wohl früh einpacken können.
Die Auerbacher überraschten den HSC auch immer wieder mit schnellen Vorstößen nach deren Torerfolgen und nach 45 Minuten sah es richtig kritisch aus für den HSC, Auerbach schaffte den 19:19-Ausgleich und die Coburger hatten zwei Mann weniger auf dem Feld. „Wir haben schon mehr Top-Mannschaften gekitzelt, am Ende hat es dann leider nie gereicht“, hatte SV-Coach Tobias Wannenmacher noch unter der Woche im TAGEBLATT-Interview gesagt. Als es zum Duell der Freunde kam, sah es noch gut aus für Auerbach. Matthias Werner verwandelte seinen zweiten Strafwurf gegen Havard Martinsen zum 20:21 (50.). Zuvor hatte Tomas Riha zu Unrecht die rote Karte erhalten, denn das Foul hatte, wenn überhaupt, Mirza Cehajic begangen. Somit war Coburg nach 50 Minuten ohne etatmäßigen Kreisläufer. Auerbach führte auch noch mit 22:21 und schnupperte an der Sensation.
Doch wieder einmal wurde nichts daraus. Die Wende leitete Sebastian Kirchner ein. Bei doppelter Unterzahl und angezeigtem Zeitspiel für den HSC hämmerte er fast von der rechten Außenposition den Ball aus neun Metern diagonal ins lange Tordreieck. Das leitete die emotionale Schlussphase ein, in der einmal mehr Oliver Krechel der Turm in der Schlacht war, der „so nebenbei“ insgesamt fünf Strafwürfe hielt. Seine Paraden auch in der Schlussphase und dass seine Vorderleute endlich ihre Chancen wieder verwerteten, gaben letztendlich den Ausschlag. Kurz vor dem Ende sah dann noch für SV-Coach Tobias Wannenmacher die rote Karte, da er sich über eine weitere Zeitstrafe gegen sein Team beschwerte. Brauchte er eigentlich nicht, denn lange Zeit hatte man das Gefühl, gegen den HSC saßen die zwei hochgestreckten Finger deutlich lockerer. Das beweist dann auch der Blick in die Statistik. Drei ihrer vier Zeitstrafen kassierten die Gäste erst in den letzten sieben Minuten. Die Coburger mussten drei Mal mit zwei Mann weniger agieren, kassierten doppelt so viele Zeitstrafen als der Gegner in einem eigentlich fairen
Spiel.SR: Tobias Fröbe (Dessau) / Marcus Pesth (Köthen)
HSC 2000 Coburg: Havard Martinsen, Oliver Krechel – Kenny Schramm, Ronny Göhl (4/2), Dejan Dobardzijev (2), Nicola Franke, Dominic Kelm (2), Hajck Karapetjan (2), Sebastian Kirchner (5), Tomas Riha (1), Stefan Linsmeier, Maximilian Drude, Sebastian Roth (9), Mirza Cehajic (4). – Zeitstrafen: 8 / Siebenmeter: 2/2. – besonderes Vorkommnis: rote Karte nach dritter Zeitstrafe gegen Tomas Riha (50.).
SV Auerbach 08: Raul Adam, Philipp Walzik – Alexander Tannenberger, Matthias Werner, Ralph Weiss, Maximilian Hofmann, Michael Werner, Volker Hackenberg, Joachim Knerr, Matthias Schnödt, Karsten Herold, Thomas Reger, Mario Schmidtke, Philipp Schöttner. – Zeitstrafen: 4 / Siebenmeter: 8/3. – besonderes Vorkommnis: rote Karte nach gegen Trainer Tobias Wannenmacher (60.).
STIMMEN ZUM SPIEL:
HSC-Trainer Hrvoje Horvat: „Ich habe schon immer gesagt, dass das heutige Spiel das Schwerste ist von den dreien, die wir jetzt hatten. Wir haben zu einem wichtigen Zeitpunkt drei freie Chancen ausgelassen. Wenn wir uns da absetzen, läuft die Partie klar für uns.“
SV-Trainer Tobias Wannenmacher: „Die Zeitstrafen in der Schlussphase haben uns das Genick gebrochen. Wir haben am Erfolg gekostet, aber wieder einmal wurde nichts daraus. Uns fehlt leider auch die Abgebrühtheit, solch eine Partie für uns zu entscheiden, uns für eine tolle Leistung zu belohnen.“
HSC-Vorstand Stefan Apfel: „Das hätte heute auch schief gehen können. Sollte Dominic Kelm tatsächlich ausfallen, ist dies sicher eine Schwächung. Aber wir denken von Spiel zu Spiel. Da müssen halt alle anderen die Arschbacken etwas mehr zusammenkneifen.“
HSC-TW Oliver Krechel auf die Frage, was passiert wäre, wenn er nicht so toll gehalten hätte: „Dann hätte das Howie getan.“
Ex-HSCler Matthias Werner auf die Frage, warum es für Auerbach nicht gereicht hat: „Weil ich zu viel verworfen habe.“
Sprungbrett HSC 2000 Coburg