Es war schon ein beeindruckendes Bild, das sich in der Sporthalle an der Hans-Böller-Straße den Zuschauern bot, als der Fanblock der Gäste aus der Oberpfalz in Blau-Weiß erstrahlte. „Ich hatte bei dem Anblick Gänsehaut“ meinte Auerbachs Co-Trainer Michael Grass hinterher. Über 80 Fans des SV 08 waren gekommen, um ihr Team im Kampf um den Klassenerhalt zu unterstützen. Selbst die Spieler des gastgebenden TSV Friedberg schienen ein wenig überrascht ob des blau-weißen Fahnenmeeres und des Lärms, die sie von der Gästetribüne aus empfingen. „Das macht Auerbach auch aus“ erklärte Spielertrainer Tobias Wannenmacher nicht ohne Stolz nach der Partie. „Diese Leidenschaft und dieser Enthusiasmus der Fans, aber auch das fast schon familiäre Umfeld haben einen großen Anteil daran, dass hier inzwischen so eine Art Handball-Hochburg entstanden ist.“
Mit dieser Unterstützung im Rücken zeigten die Gäste von Beginn an, dass sie sich über die Bedeutung dieses Derbys im Klaren sind. Friedberg hatte sich offenbar vorgenommen, den Tabellen-Fünfzehnten mit einer robust zupackenden Abwehr zu beeindrucken und ihm möglicherweise so den Schneid frühzeitig abkaufen zu können. Doch Auerbach hielt dagegen. So entwickelte sich ein Spiel, das die Bezeichnung „Derby“ redlich verdient hatte. Bereits nach etwas mehr als acht Minuten waren drei Spieler der Gäste mit einer Verwarnung belegt, die Hausherren hatten eine Verwarnung und eine Zeitstrafe hinnehmen müssen. Ähnlich ausgeglichen verlief auch das Spiel an sich. Beide Abwehrreihen arbeiteten aggressiv und hochkonzentriert und überließen dem Gegner keinen Zentimeter des Feldes freiwillig. Die Torhüter taten ein Übriges dazu. Eine knappe und ständig wechselnde Führung und die Begeisterung von den Rängen konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ersten Minuten eher torarm verliefen. So lagen die Gastgeber in der 12. Minute mit 6:4 in Front, als zweimal Felix Müller und einmal der erneut bestens aufgelegte Mario Schmidtke die Partie wieder zu ihren Gunsten drehten. Zuvor hatte Raul Adam zwar den ersten von drei Strafwürfen gehalten, hatte jedoch leider nicht verhindern können, dass Miroslav Ilic seinen Fehlwurf hier wie später wieder gut machte.
Die nächsten Minuten boten Vieles von dem, was ein spannendes Spiel ausmacht. Beim Stande von 6:7 musste Philipp Schöttner eine Zeitstrafe hinnehmen, Friedbergs Spielertrainer Manuel Vilchez-Moreno scheiterte vom Siebenmeterpunkt, Ralph Weiss musste erstmals für zwei Minuten auf die Bank, kurz darauf gefolgt von Matthias Werner wegen eines Wechselfehlers. Dass die Oberpfälzer in dieser Phase, in der sie kurzzeitig sogar nur zu dritt auf dem Feld standen, nur einen einzigen Treffer hinnehmen mussten zeigt, wie konzentriert das Team in der Defensive zu Werke ging.
Nach etwa 20 Minuten ersetzte Matthias Werner den bis dahin aufopferungsvoll arbeitenden Dominik Brodschelm, der seine guten Trainingsleistungen und seine aufsteigende Formkurve endlich auch einmal wieder mit einem Treffer belohnt hatte. Sechs Minuten später dann eine Schrecksekunde für das Auerbacher Lager. Der Spielmacher der Auerbacher stürzte bei einem Sprungwurf nach Foul von Miroslav Ilic mit dem Steißbein auf den Hallenboden und musste einige Minuten behandelt werden. Die Strafzeit gegen Ilic nutzten die Gäste durch zwei Schmidtke- Tore zur erneuten Führung. Wieder glich Friedberg aus, nur um fast mit der Sirene den Pausenstand von 11:12 hinnehmen zu müssen. Kenny Schramm, der zuvor zwei „100-Prozentige“ vergeben hatte, hatte mit einem traumhaften Rückhandwurf für Begeisterung beim Blau-Weißen Anhang gesorgt.
Anders als noch vor wenigen Wochen starteten die Gäste stark in die zweite Hälfte. Trotz einer weiteren Zeitstrafe gegen Ralph Weiss bauten die Oberpfälzer ihren Vorsprung durch einen 3:1- Lauf (dreimal Mario Schmidtke) auf 12:15 aus. Der Vorjahresmeister kam ins Wanken, das vielzitierte „Momentum“ war ganz auf Seiten der Gäste. Was das Team um Trainer Harald Rosenberger auch versuchte, Auerbach hatte eine Antwort parat. Manuel Vilchez-Moreno, die Kreisläufer Pangagiotis Erifopoulos und Claudio Schneck oder auch Jonathan Scholz, sie alle konnten nicht ihre üblichen Stärken entfalten. Viel zu konsequent wurden sie von der Auerbacher Abwehr aus dem Spiel genommen. Einzig Spielmacher Ilic zeigte seine ganze Klasse und netzte insgesamt siebenmal ein. In der 45. Minute schloss Andreas Wolf, der diesmal vor allem defensiv eine sehr gute Leistung zeigte, einen weiteren 3:0- Lauf der Gäste ab und bereitete damit seinen Farben erstmals eine Führung mit fünf Toren (17:22). Wenige Minuten zuvor hatte Ralph Weiss wegen seiner dritten Zeitstrafe das Feld endgültig verlassen müssen.
Friedberg hoffte nun auf einen ähnlichen Spielverlauf wie vor einer Woche in Großsachsen, wo man einen noch deutlicheren Rückstand in einen Sieg ummünzen konnte. Doch Auerbach war an diesem Tag das bessere, zumindest das engagiertere Team. Bereits zwei Minuten später wurde Andreas Dittinger nach einem überharten Foul an Andreas Wolf ebenfalls des Feldes verwiesen. Auf den Auerbacher Rängen brach sich langsam eine gewisse Vorfreude Bahn. Jede gelungene Aktion der Blau-Weißen wurde frenetisch gefeiert. Als dann Kenny Schramm und Philipp Schöttner bis zur 53. Minute den Blau-Weißen Vorsprung sogar auf sieben Tore ausbauten (19:26), gab es kaum noch ein Halten. Auerbach feierte und ließ sich selbst durch einen Drei-Tore-Lauf der Gastgeber nicht mehr von der Siegerstraße abbringen. Sechs Sekunden vor der Sirene setzte Matthias Werner mit seinem zweiten Treffer den hochverdienten Schlusspunkt unter ein großartiges Derby.
Friedbergs Trainer Harald Rosenberger zog ein kurzes aber eindeutiges Fazit über die Partie, nicht ohne den Gästen zu ihrem verdienten Sieg zu gratulieren. „Wir haben heute zwei Team gesehen, von welchen das eine den Abstiegskampf angenommen hat und das andere nicht.“ Tobias Wannenmacher wies in seinem Resümee noch einmal auf die steigende Tendenz seines Teams hin, warnte jedoch gleichzeitig vor verfrühter Euphorie. „Wir haben zwar vier Punkte mehr auf dem Konto, aber gewonnen haben wir dadurch noch nichts.“ Bereits am kommenden Sonntag steht die nächste große Hürde auf dem Weg zum Klassenerhalt in der Helmut-Ott-Halle, wenn mit dem TSB Heilbronn-Horkheim erneut ein Team aus dem oberen Drittel der Tabelle anreist. Doch zunächst begab man sich auf die eher kurze aber umso kurzweiligere Heimreise.
Es spielten: Adam, Walzik, Schramm (3), Tannenberger, Weiss (1), Müller (3), Werner (2), Wannenmacher (2), Schnödt (1), Brodschelm (1), Herold, Wolf (2), Schmidtke (11/4), Schöttner(3)