Es ist der 12. Spieltag und die Handballer des SV 08 Auerbach wollen ihren kleinen Vorsprung auf die Abstiegsplätze halten oder möglicherweise sogar ausbauen. Dazu müssen die Oberpfälzer jedoch beim Tabellenletzten eine ähnlich konzentrierte Leistung abrufen, wie zuletzt gegen Groß-Umstadt oder auch in Leipzig.
Zunächst steht am Samstag ab 14:00 Uhr die größtenteils gleiche Anfahrt an, wie noch vor zwei Wochen. Halle (Saale), die Geburtsstadt von Georg-Friedrich Händel und mit deutlich über 231.000 Einwohnern größte Stadt Sachsen-Anhalts liegt nur etwa 40 Kilometer entfernt von Leipzig und bildet mit dieser und fünf weiteren Städten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen die Metropolregion Mitteldeutschland. Bereits früh entwickelte sich die ehemalige Hansestadt zu einem wirtschaftlich und in Folge auch kulturell bedeutenden Zentrum. Vor allem durch den Abbau von im Stadtgebiet liegenden Bodenschätzen wie Braun- und Steinkohle, sowie von Sole wurde die Entwicklung nachhaltig beeinflusst. Die Stadt bietet eine Vielzahl von baulichen Sehenswürdigkeiten. Insgesamt gibt es an die 150 Skulpturen und Plastiken, über 130 Denkmäler und Gedenkstätten sowie über 50 öffentliche Brunnen. Man kann Museen, Kirchen, Synagogen, aber auch Burgen und Wassertürme sowie einige sehenswerte Profanbauten besuchen. Die Stadt hat damit durchaus das Potential als zukünftiges Ausflugsziel für die reisefreudigen Auerbacher Handballfans.
Die Spielstätte des Universitätssportvereins (USV) Halle liegt jedoch ein wenig ab vom Zentrum im Stadtteil Halle-Neustadt. „Ha-Neu“, wie der Ortsteil im Volksmund genannt wird, war zunächst als Stadtteil erbaut worden, 1967 als eigenständige und kreisfreie Stadt aus- und 1990 wieder eingemeindet. Die neue Stadt war als Wohnraum für die bereits seit der Jahrhundertwende rasch wachsende Bevölkerung aufgrund der Ansiedlung von Arbeitskräften in der Nähe der Chemiestandorte der Buna- sowie der Leunawerke gedacht. Baulich wurden vorwiegend Plattenbauten errichtet, auch von sowjetischen Soldaten, die in der nahe gelegenen „Kaserne Heide-Süd“ untergebracht waren und mit zahlreichen Arbeitseinsätzen zum Aufbau kommandiert wurden. Eine Vielzahl der Wohnblöcke im nördlichen Stadtgebiet waren für deren Familien reserviert. Da auf weitere Einrichtungen wie Hotels oder Kaufhäuser verzichtet wurde, war Halle-Neustadt weitestgehend eine reine „Schlafstadt“ für die im Schichtrhythmus der Chemieanlagen lebenden Arbeiter und deren Familien. Allerdings wurde im Gegensatz zu späteren Großplattensiedlungen der DDR großzügig geplant und die Siedlung mit üppigen Grünanlagen versehen. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen zu Beginn der 1990er Jahre und durch die stark verringerten Einwohnerzahlen stehen seit längerem viele der Wohnblöcke leer, werden teilweise abgerissen, aber auch saniert. Die Generation der Erstmieter, mittlerweile meist im Rentenstand, wohnt noch recht gern in diesem Stadtteil, obwohl er sich, auch wegen des Leerstands, längst zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt hat.
Höherklassiger Handball wird und wurde hier ebenfalls seit längerem gespielt. So traten sowohl der HC Halle, wie auch HV Einheit 95 Halle (vormals BSV Einheit Halle-Neustadt) zeitweise in der Regionalliga an. Beide Teams vereinten sich 2005 zum HC Einheit Halle und spielten fortan in der Oberliga Mitteldeutschland. 2013 nach Streit und Insolvenz der Betriebsgesellschaft der Männermannschaft ging der HC im 1949 als Hochschulsportgemeinschaft „Geschwister-Scholl“ gegründeten und 1990 nach dem Vorbild der Sportorganisation des Deutschen Sportbundes umgestalteten USV Halle auf. Mit 39:13 Punkten stiegen die Händel-Städter nach einer bis zum vorletzten Spieltag spannenden Saison 2014/15 in die 3. Liga auf und mussten zunächst wegen eines ähnlich schweren Auftaktprogramms wie Auerbach viel Lehrgeld bezahlen. Fünf teils deftige Niederlagen ließen das Team um Trainer Jörg Neumann tief in den Abstiegsstrudel stürzen.
Die Verantwortlichen des Tabellenletzten zogen die Konsequenzen und beriefen Linkshänder Fabian Metzner (27) zum Nachfolger für den zum 01.10.2015 zurückgetretenen Neumann. Auch wenn das Team danach gegen Groß-Bieberau (22:30) und in Fürstenfeldbruck (26:39) erneut zwei deutliche Schlappen hinnehmen mussten, scheint sich seither dennoch einiges geändert zu haben. Gelang am 8. Spieltag gegen den HSC Bad Neustadt eine für Manchen noch überraschender Sieg, so zeigte man auch bei der knappen Niederlage in Rödelsee (31:30) und beim Heimsieg gegen den TV Großwallstadt (33:26) einen deutlichen Aufwärtstrend. Überhaupt lässt sich feststellen, dass die Universitätssportler bisher vor allem in eigener Halle stark aufspielten und selbst gegen Top-Teams meist nur knappe Niederlagen einstecken mussten. Am vergangenen Wochenende musste man zwar eine mehr als deftige 43:26 Niederlage in Kirchzell hinnehmen, ob diese im kommenden Heimspiel jedoch noch ihre Wirkung zeigt, müssen die Auerbacher nun herausfinden. Besondere Aufmerksamkeit sollten sie dabei den Rückraumspielern Maximilian Haase (27) und Pierre Sogalla (25) widmen. Beide agieren hauptsächlich aus dem linken Rückraum, Haase auch in der Mitte, und beide haben in den ersten elf Spielen jeweils über 60 Treffer erzielt (68 bzw. 65). Daneben stellt Kreisläufer Martin Danowski (22) einen ständigen Gefahrenherd dar. Der 1,90 Meter große Neuzugang vom ESV Lok Pirna konnte bisher bereits 38 Tore beisteuern und belegt damit Platz 3 in der internen USV- Torschützenliste.
„Halle wird eine große Herausforderung für uns“ meinte denn auch Spielertrainer Tobias Wannenmacher unter der Woche. „Wir haben in den letzten Jahren immer wieder gegen Teams vom Tabellenende unsere Probleme gehabt, vor allem nach Siegen in eigener Halle. Das war in Cottbus so, wo es gerade noch zu einem Punkt gereicht hat, das war in Zweibrücken so, wo die Niederlage letztlich unseren Abstieg besiegelte und auch in der letzten Saison in Anzing haben wir uns sehr schwer getan.“ Zudem musste das Team auch in dieser Woche wieder mit einigen berufsbedingten Trainingsausfällen leben. „Die vier Spiele bis zum Ende der Hinrunde sind allesamt „4-Punkte-Spiele“. Teams wie Halle, Baunatal, Kirchzell und Großwallstadt sind alle in unserer Tabellenregion und wir sollten möglichst viele Zähler gegen sie sammeln, damit der Druck in den danach folgenden schweren Auswärtsspielen nicht zu übermächtig wird. Ich hoffe, wir können bereits an diesem Wochenende einen oder gar beide Punkte ergattern.“
Aufstellung: Bayerschmidt, Goebel, Tannenberger, Weiss, Neuß, Lux, Laugner, Wannenmacher, Herold, Büttner, Schramm, Müller, Wolf, Schöttner