Über 1000 Zuschauer beim Abschiedsspiel von Tobias Wannenmacher - 25.01. 18:32 Uhr
ERLANGEN - Zwei Minuten sind im Handball die übliche Strafe für ein unsportliches Vergehen. Eine unfreiwillige Auszeit, aber auch die Möglichkeit, sich zu beruhigen, neu zu ordnen und zu besinnen. Insofern mag die Szene, in der Tobias Wannenmacher bei seinem Abschiedsspiel exakt zwei Minuten vor dem Ende "Servus" sagte, durchaus Symbolcharakter gehabt haben.
Da saß er nun, auf einem kargen Stuhl, lehnte sich zurück, genoss die Ovationen des Publikums und musste sich letztlich doch geschlagen geben. „Haben sie mich so weit gekriegt, dass ich doch noch ein paar Tränchen vergossen habe“, räumte Wannenmacher ein, dass selbst einen harten Handball-Helden wie ihn bisweilen die Emotionen übermannen.
Es war ein Abend der großen Gefühle. „Wanne“, wie sie ihn in Erlangen alle nur nennen, hatte geladen und fast alle ehemaligen Weggefährten waren gekommen. Und so eine Liste ist mal mächtig lang, wenn man wie Wannenmacher satte 14 Jahre lang das Synonym für den Handball in Erlangen war.
Mit ihm zusammen im Allstar-Team gaben sich inzwischen gereifte und eine Spur rundlicher gewordene ältere Herren wie Roland Wunder, Carsten Henrici und Andreas Tam die Ehre. Sebastian Preiß und Steffen Weinhold, die beiden in Erlangen groß gewordenen Nationalspieler, verkörperten den Teil, der sich im Duell mit dem Zweitliga-Team des HC Erlangen noch durchaus behände übers Parkett bewegte.
Es sollte ein großes Fest werden, eine Art Happening, ein Zeitsprung von der Vergangenheit in die Gegenwart. Als er 1997 vom TSV Herrsching nach Franken kam, hatte Wannenmacher gerade im Finale der bayerischen A-Jugend-Meisterschaft in zwei Spielen 31 Tore gegen die HG Erlangen geworfen. Der semmelblonde Schlaks galt als eines der größten Talente im deutschen Handball.
Nicht wenige Bundesligaklubs buhlten um die Dienste des Jugend-Nationalspielers, nach einer schweren Knieverletzung wollte er sich aber zunächst im Unterhaus versuchen. Diese Malaise bescherte ihm zeitweise sogar die große Angst vor der Sportinvalidität, erst nach langen Monaten in der Reha kehrte er zurück auf das Parkett, das er so liebte wie kaum ein anderer.
„Handball war für ihn immer der absolute Mittelpunkt, alles andere war Nebensache“, versuchte sich sein ehemaliger Trainer Mathias Bracher an einer Charakterbeschreibung dieses „echten Typen“, wie Siggi Pabst, der Ex-Manager, der „Wanne“ nach Erlangen lotste, den langjährigen Abwehrchef einstufte.
Über diesen „Typen“, der in Erlangen fast so bekannt ist wie der Berg, gibt es viele Geschichten und Anekdoten. Nicht alle haben ein Happy End, nicht wenige würden ihn wohl als Chaoten entlarven, aber eine Konstante gab es: Immer spielte die menschliche Komponente die Hauptrolle. „Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Fahrräder wir ihm geschenkt haben. Nur sind sie ihm entweder geklaut worden, oder er hat sie irgendwo stehen lassen“, erinnert sich Bracher an viele Szenen mit „Wanne“, der bis heute keinen Führerschein sein Eigen nennt.
Den geraden Weg ist der heute 33-Jährige nie gegangen. So einer wie er ließ sich in kein Schema pressen. Nicht im Handball, nicht im Leben abseits des Spielfeldes. „Ich bin keiner, der sich ab acht Uhr in ein Büro setzen kann und immer alles hinnimmt“, zeichnet er selbst ein Bild eines Lebenskünstlers, der sich in vielem versucht, oft scheitert, aber immer wieder aufsteht, um etwas Neues auszuprobieren.
„Vielleicht hätte ich sportlich erfolgreicher sein können, aber wenn ich etwas anders gemacht hätte, hätte ich nie so viele nette Menschen kennengelernt“, sagte Wannenmacher am Dienstagabend und blickte sich wie zur Bestätigung um: Da stand noch Minuten nach der Schluss-Sirene eine volle Halle, über tausend Menschen, die gekommen waren, um ihm einen gebührenden Abschied vom Handball zu bereiten.
„Er war ein genialer Handballer“, unterstrich der ehemalige CSG-Kapitän Roland Wunder seine sportlichen Qualitäten: „Ein starker Abwehrspieler mit einem guten Auge, tollen Anspielen und einem unglaublichen Gespür für die Situation“, befand Wunder, und der jetzige HCE-Macher Carsten Bissel machte ihn in einer Laudatio gar zum „Erlanger Handball-Helden“. Künftig wird er die Jugend betreuen, er soll seinen Trainerschein machen und seine Erfahrungen weitergeben. Jetzt beginnt also das wahre Leben, und das könnte die bislang größte Herausforderung für „Wanne“ werden.
Florian Pöhlmann
Sprungbrett Nürnberger Zeitung (weitere Fotos)
ERLANGEN - Zwei Minuten sind im Handball die übliche Strafe für ein unsportliches Vergehen. Eine unfreiwillige Auszeit, aber auch die Möglichkeit, sich zu beruhigen, neu zu ordnen und zu besinnen. Insofern mag die Szene, in der Tobias Wannenmacher bei seinem Abschiedsspiel exakt zwei Minuten vor dem Ende "Servus" sagte, durchaus Symbolcharakter gehabt haben.
Da saß er nun, auf einem kargen Stuhl, lehnte sich zurück, genoss die Ovationen des Publikums und musste sich letztlich doch geschlagen geben. „Haben sie mich so weit gekriegt, dass ich doch noch ein paar Tränchen vergossen habe“, räumte Wannenmacher ein, dass selbst einen harten Handball-Helden wie ihn bisweilen die Emotionen übermannen.
Es war ein Abend der großen Gefühle. „Wanne“, wie sie ihn in Erlangen alle nur nennen, hatte geladen und fast alle ehemaligen Weggefährten waren gekommen. Und so eine Liste ist mal mächtig lang, wenn man wie Wannenmacher satte 14 Jahre lang das Synonym für den Handball in Erlangen war.
Mit ihm zusammen im Allstar-Team gaben sich inzwischen gereifte und eine Spur rundlicher gewordene ältere Herren wie Roland Wunder, Carsten Henrici und Andreas Tam die Ehre. Sebastian Preiß und Steffen Weinhold, die beiden in Erlangen groß gewordenen Nationalspieler, verkörperten den Teil, der sich im Duell mit dem Zweitliga-Team des HC Erlangen noch durchaus behände übers Parkett bewegte.
Es sollte ein großes Fest werden, eine Art Happening, ein Zeitsprung von der Vergangenheit in die Gegenwart. Als er 1997 vom TSV Herrsching nach Franken kam, hatte Wannenmacher gerade im Finale der bayerischen A-Jugend-Meisterschaft in zwei Spielen 31 Tore gegen die HG Erlangen geworfen. Der semmelblonde Schlaks galt als eines der größten Talente im deutschen Handball.
Nicht wenige Bundesligaklubs buhlten um die Dienste des Jugend-Nationalspielers, nach einer schweren Knieverletzung wollte er sich aber zunächst im Unterhaus versuchen. Diese Malaise bescherte ihm zeitweise sogar die große Angst vor der Sportinvalidität, erst nach langen Monaten in der Reha kehrte er zurück auf das Parkett, das er so liebte wie kaum ein anderer.
„Handball war für ihn immer der absolute Mittelpunkt, alles andere war Nebensache“, versuchte sich sein ehemaliger Trainer Mathias Bracher an einer Charakterbeschreibung dieses „echten Typen“, wie Siggi Pabst, der Ex-Manager, der „Wanne“ nach Erlangen lotste, den langjährigen Abwehrchef einstufte.
Über diesen „Typen“, der in Erlangen fast so bekannt ist wie der Berg, gibt es viele Geschichten und Anekdoten. Nicht alle haben ein Happy End, nicht wenige würden ihn wohl als Chaoten entlarven, aber eine Konstante gab es: Immer spielte die menschliche Komponente die Hauptrolle. „Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Fahrräder wir ihm geschenkt haben. Nur sind sie ihm entweder geklaut worden, oder er hat sie irgendwo stehen lassen“, erinnert sich Bracher an viele Szenen mit „Wanne“, der bis heute keinen Führerschein sein Eigen nennt.
Den geraden Weg ist der heute 33-Jährige nie gegangen. So einer wie er ließ sich in kein Schema pressen. Nicht im Handball, nicht im Leben abseits des Spielfeldes. „Ich bin keiner, der sich ab acht Uhr in ein Büro setzen kann und immer alles hinnimmt“, zeichnet er selbst ein Bild eines Lebenskünstlers, der sich in vielem versucht, oft scheitert, aber immer wieder aufsteht, um etwas Neues auszuprobieren.
„Vielleicht hätte ich sportlich erfolgreicher sein können, aber wenn ich etwas anders gemacht hätte, hätte ich nie so viele nette Menschen kennengelernt“, sagte Wannenmacher am Dienstagabend und blickte sich wie zur Bestätigung um: Da stand noch Minuten nach der Schluss-Sirene eine volle Halle, über tausend Menschen, die gekommen waren, um ihm einen gebührenden Abschied vom Handball zu bereiten.
„Er war ein genialer Handballer“, unterstrich der ehemalige CSG-Kapitän Roland Wunder seine sportlichen Qualitäten: „Ein starker Abwehrspieler mit einem guten Auge, tollen Anspielen und einem unglaublichen Gespür für die Situation“, befand Wunder, und der jetzige HCE-Macher Carsten Bissel machte ihn in einer Laudatio gar zum „Erlanger Handball-Helden“. Künftig wird er die Jugend betreuen, er soll seinen Trainerschein machen und seine Erfahrungen weitergeben. Jetzt beginnt also das wahre Leben, und das könnte die bislang größte Herausforderung für „Wanne“ werden.
Florian Pöhlmann
Sprungbrett Nürnberger Zeitung (weitere Fotos)