Kaum haben sich die Narren wieder zurückgezogen, fängt auch für die Handballer des SV 08 Auerbach wieder der Ernst des Lebens, besser der Ernst des Liga-Alltages an. Am Sonntagmorgen um 11:00 Uhr bricht der Blau-Weiße Tross auf in den Südwesten der Republik und begibt sich auf die knapp 260 Kilometer lange Fahrt nach Kornwestheim.
Die Große Kreisstadt im Landkreis Ludwigsburg hat etwas mehr als 31.700 Einwohner und gehört zum Regierungsbezirk Stuttgart. Das Stadtgebiet besteht aus der Kernstadt und dem Stadtteil Pattonville, einer 1954 von der US-Armee errichteten Siedlung. Nach dem Abzug der US-Truppen kaufte ein Zweckverband 1993 das Areal vom Bund und teilte es auf die Gemeinden Kornwestheim und Remseck auf. Seither entstanden auf den ehemals militärisch genutzten Flächen mehrere Wohn- und Gewerbegebiete. Wie in dieser Region häufiger, finden sich auch in Kornwestheim Spuren aus der Römerzeit. So führte durch das Gebiet von Cannstatt her kommend eine Römerstraße, von der ein Teil im Osten der Stadt restauriert wurde. Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Westheim“ um 780 nach Christus, der Name „Kornwestheim“ tauchte erstmals Ende des 15. Jahrhunderts auf. Lange Zeit ein wohlhabendes Bauerndorf, erlebte der Ort seinen größten wirtschaftlichen Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts. Begünstigt durch seine verkehrsgünstige Lage wurde Kornwestheim interessant für Handwerker und Fabrikanten. So gründete im Jahre 1891 der Schuhmacher Jakob Sigle gemeinsam mit dem Kaufmann Max Levi seine Schuhfabrik „Sigle & Cie.“, die später unter dem Namen „Salamander AG“ überregional bekannt wurde und mit deren Namen die Entwicklung der Stadt untrennbar verbunden war und ist. 1939 eröffnete der inzwischen insolvent gegangene Moped- und Motorradhersteller Kreidler einen Betrieb.
Weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt ist der Kornwestheimer Rathausturm, wobei noch ein weiterer Turm bemerkenswert ist. Der Wasserturm der Bahn beim Güterbahnhof westlich der Stadt ist nicht nur durch seine runde Kuppel, sondern auch durch die im Turm befindliche Gaststätte mit einem im Sommer geöffneten Biergarten bekannt. Wer nicht so hoch hinaus will, der kann sich in Kornwestheim mit Besuchen in Museen und Kirchen, im Kultur- und Kongresszentrum oder für Naturliebhaber im Salamander-Stadtpark die Zeit vertreiben.
Definitiv hoch hinaus wollen jedoch die Handballer des SV Salamander Kornwestheim, deren erklärtes Ziel der Klassenerhalt in der 3. Liga ist. Nachdem die laufende Saison für den vorjährigen Vizemeister der Oberliga Baden-Württemberg mit zwei Siegen begonnen hatte, wurde man nach zehn Niederlagen in den nächsten elf Spielen auf einen Abstiegsplatz durchgereicht. Dabei unterlag das im Vergleich zum Vorjahr nur wenig veränderte Team um Trainer Mirko Henel (37) in vielen Fällen nur äußerst knapp und musste nur in den Partien gegen die Spitzenteams der Staffel deutlichere Niederlagen hinnehmen. In ihren acht Spielen seit Dezember verließ die Henel-Sieben lediglich zweimal als Verlierer das Feld, arbeitete sich durch vier Unentschieden gegen Konstanz, bei Kronau-Östringen II, in Horkheim und gegen Hochdorf sowie Siege gegen Friedberg und in Herrenberg wieder aus den Abstiegsrängen heraus und liegt derzeit mit 14:28 Punkten (bei einem Spiel weniger) auf Rang 13. Das Team ließ sich dabei auch nicht von der Nachricht aus dem Rhythmus bringen, dass Mirko Henel nach der Saison aus familiären Gründen etwas kürzer treten will und nicht mehr Trainer beim SV sein wird. Als Nachfolger wurde vor wenigen Wochen der Däne Hans Christensen verpflichtet.
Im Laufe der Runde erwies es sich als großer Vorteil, dass die Mannschaft nach dem Aufstieg kaum verändert wurde. Vielmehr setzte man darauf, das Team nur punktuell mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs sowie aus der Region zu ergänzen. So kamen mit Kreisläufer Marco Kolotuschkin, und Linksaußen Fabian Kugel lediglich zwei auswärtige Spieler hinzu, während mit Rechtsaußen Nico Dömötör ein Akteur aus der 2. Mannschaft ins Drittligateam aufstieg. Bereits in der Oberliga hatte sich gezeigt, dass der wichtigste und auch in dieser Saison wieder treffsicherste Teil der Kornwestheimer Offensive im Rückraum zu finden ist. So erwies sich vor allem der Halblinke Denis Gabriel mit bisher 105 Treffern als bester Werfer im Team, dicht gefolgt von Mittelmann Kevin Wolf mit 99 Toren. Christopher Tinti auf der rechten Rückraumseite konnte bereits 90, Dominik Schaffert aus dem linken Rückraum sowie von der linken Außenbahn 57 Treffer beisteuern.
Wie sich bereits im Hinspiel gezeigt hat, treffen an diesem Sonntag zwei ähnliche Teams auf Augenhöhe aufeinander, wobei die Oberpfälzer damals ihren Heimvorteil in einen knappen 30:29 Sieg ummünzen konnten. Von den 29 Kornwestheimer Treffern hatten bezeichnenderweise Gabriel, Wolf und Tinti insgesamt 19 erzielt. Den Vorteil vor eigenem Publikum anzutreten werden die Gastgeber an diesem Sonntag wohl ebenfalls zu nutzen suchen, sind sie es doch gewohnt, vor durchschnittlich etwas mehr als 400 Zuschauern in der Sporthalle Ost zu spielen.
„Für uns muss es in den verbleibenden Wochen egal sein, ob wir auswärts vor 200 oder vor 2.000 Zuschauern spielen“ erklärte Auerbachs Spielertrainer Tobias Wannenmacher. „Wir müssen und wir werden in jedem Spiel alles geben. Noch haben wir es in den eigenen Händen, das Klassenziel „Erhalt der Liga“ zu erreichen. Dazu müssen wir versuchen, häufiger eine ähnliche Leistung wie gegen Hochdorf abzurufen.“ Das Spiel gegen den hoch favorisierten Tabellendritten ging zwar letztlich verloren, dennoch konnte man eine gewisse Stabilisierung im Team erkennen. Allerdings sollte man auch versuchen, die in den letzten Spielen immer wieder aufgetretene minutenlange „Durststrecke“ zu minimieren, am besten zu verhindern. Ob dies ausgerechnet gegen ein Team mit einem deutlichen Aufwärtstrend gelingt, muss sich an diesem Sonntag in Kornwestheim erweisen.
Aufstellung: Adam, Walzik, Schramm, Tannenberger, Weiss, Müller, Werner, Wannenmacher, Schnödt, Brodschelm, Herold, Wolf, Schmidtke, Schöttner