„Wir haben schon gewusst, was auf uns zukommen würde und haben die Auerbacher zu keinem Zeitpunkt unterschätzt. Außerdem hatten wir selten Spiele gegen Drittligisten, die gegen uns 22 Tore erzielen konnten“ lautete am 22. Juli 2012 das Fazit des damaligen TVG Trainers Peter David. Schon einmal trafen nämlich die beiden Kontrahenten des kommenden Spieltages aufeinander, damals im Rahmen eines Freundschaftsspiels. Der frisch gebackene Bayerische Meister aus Auerbach trat in Schwandorf während seiner Vorbereitung auf die erste Drittligasaison gegen den damals noch Erstligisten aus Unterfranken an, unterlag standesgemäß mit 35:22 und freute sich letztlich über das dennoch gelungene Spiel.
Am Ende jener Saison musste der TVG jedoch nach 44 Jahren Zugehörigkeit zur höchsten deutschen Handball-Liga den schweren Gang in die 2. Bundesliga antreten. Finanzielle Probleme hatten den Verein, der das Geschehen in den frühen Jahren der Liga nahezu beherrschte und mit sieben Deutschen Meisterschaften, vier DHB-Pokalsiegen und fünf internationalen Titeln zusammen mit dem VfL Gummersbach und TUSEM Essen bis Ende der 1980er Jahre den westdeutschen Hallenhandball prägte, schon vorher ins Mittelmaß abrutschen lassen. Am Ende der vergangenen Saison war der Verein dann trotz eines sportlich vielversprechenden sechsten Tabellenplatzes wegen erneuter Finanzprobleme und des daraufhin ausgesprochenen Lizenzentzuges gezwungen, in die 3. Liga abzusteigen. Obwohl die Hälfte der Saison bereits fast gespielt ist und man sich inzwischen gewissermaßen daran gewöhnt hat, gegen ein ehemals so erfolgreiches Team anzutreten, ist es doch für die meisten Auerbacher Spieler etwas Besonderes, gegen den TV Großwallstadt zu spielen – zumal man sich inzwischen durchaus auf Augenhöhe mit ihm befindet. Dies ist dem kolossalen Umbruch im Team der „Wällster“ geschuldet.
Fast das gesamte Team verließ den Verein, 15 Abgänge mussten verkraftet werden und es war lange Zeit nicht klar, ob man überhaupt ein konkurrenzfähiges Team für die 3. Liga aufstellen kann. Geblieben waren lediglich Linksaußen Florian Eisenträger (23) und Rechtsaußen Antonio Schnellbacher (18). Trainer Maik Handschke verlängerte dennoch seinen Vertrag und wollte mit einem neu formierten Team das Wagnis eingehen, die Klasse zu halten. Kurze Zeit später hatte man die ersten Spieler verpflichtet. Mile Matijevic (29), der sich nach einem Probetraining in Auerbach dem HC Sulzbach-Rosenberg und danach dem TSV Friedberg angeschlossen hatte und Andreas Nositschka (28) von der SG LVB Leipzig bilden seither das neue Torwart-Team der Unterfranken. Die meisten übrigen Neuzugänge entstammen dem TVG Junioren-Team, ehemals HBLZ. Da fügt es sich gut, dass nach dem frühzeitigen Rücktritt von Maik Handschke der etatmäßige Trainer der Junioren, Heiko Karrer (44), auch die Leitung des Drittligateams übernahm. Die größte Erfahrung bringt jedoch Rückkehrer Jens Tiedtke (36) ins das ansonsten sehr junge Team. Der 1,96 Meter große ehemalige National- und Bundesligakreisläufer hat seine größten Stärken inzwischen zwar eher in der Defensive, ist jedoch auch immer für einen Treffer gut. Allerdings erweist sich bisher Patrick Gempp (19) als der deutlich torgefährlichere Kreisspieler. Mit seinen Gardemaßen (1,92 Meter, 105 Kilogramm) ist er schwer zu halten und war er bisher bereits 59mal erfolgreich. Die meisten Tore für die Unterfranken erzielte bisher jedoch Florian Eisenträger. Mit insgesamt 128 Treffern nach 14 Spielen ist er der zweitbeste Torschütze der gesamten Liga und damit hauptverantwortlich dafür, dass der TVG sich auch bei Niederlagen einigermaßen gut aus der Affäre zog.
Nachdem die Unterfranken in den ersten sieben Partien nur drei Punkte gewinnen konnten, erkämpften sie sich in den folgenden Spielen seither acht Punkte und kletterten dadurch bis auf Rang 11. Auffallend dabei ist ihre Heimstärke, wurde doch keines der letzten vier Heimspiele verloren. Mit einem Remis (26:26) gegen Dresden und Siegen gegen Nieder-Roden (30:27), Baunatal (37:31) und Groß-Umstadt (31:27) stellte das Team um Heiko Karrer seine aufsteigende Form eindrucksvoll unter Beweis. Diese Erfolge lassen den Zuspruch in der 2.500 Zuschauer fassenden Sparkassen-Arena nicht abreißen, sodass bei „normalen“ Heimspielen durchschnittlich 700, bei Derbys auch schon mal über 1.200 Fans ihr Team unterstützen. Wie gesagt: Den Auerbachern steht ein nicht alltägliches Spiel bevor. „Wir sind uns der Bedeutung des Spieles bewusst und fahren nicht nach Großwallstadt, um in Ehrfurcht zu erstarren, sondern wollen, wenn möglich, punkten“ forderte Tobias Wannenmacher einen konzentrierten Auftritt von seinem Team. Dass dazu eine Top-Leistung aller Mannschaftsteile gefordert ist, ist dabei selbstverständlich für ihn. Vor allem aber hofft er, dass die Oberpfälzer mehr Tore erzielen, als beim letzten Aufeinandertreffen. „Wenn nicht, dann sollte es wenigstens eines mehr sein, als der TVG erzielt“ ergänzte er launig.
Aufstellung: Bayerschmidt, Goebel, Tannenberger, Weiss, Neuß, Lux, Laugner, Wannenmacher, Büttner, Schramm, Müller, Wolf, Schöttner