Die Große Kreisstadt Pirna ist also das letzte Auswärtsziel der Handballer des SV 08 Auerbach in dieser Saison. Die Stadt an der Elbe ist Sitz der Verwaltung des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und wird wegen seiner geographischen Lage auch das „Tor zur Sächsischen Schweiz“ genannt. Im Norden grenzt Pirna an die sächsische Landeshauptstadt Dresden, wobei zwischen beiden Stadtzentren lediglich zwanzig Kilometer liegen.
Ähnlich wie die meisten der Elbanlieger wird die Stadt seit Jahrhunderten immer wieder von Hochwassern heimgesucht und überflutet. So richtete auch die Jahrhundertflut im Jahr 2002 erhebliche Schäden an restaurierten Gebäuden der Altstadt und an Brücken an. Doch die Menschen in durch Hochwasser geschädigten Gebieten lernen mit der Flut zu leben. So wurde z.B. nach der so genannten „Sächsischen Sintflut“ im Jahre 1845 die Trasse der Bahnstrecke von Dresden nach Děčín (Tschechien) so angelegt, dass die Schienenoberkante einen Meter über dem Höchststand der Wassermassen verliefen. Der erste Bahnhof befand sich unmittelbar vor der alten, damals noch vorhandenen Stadtmauer in der Nähe der Klosterkirche St. Heinrich. Dieser heute noch vorhandene klassizistische Sandsteinbau ist eines der ältesten erhaltenen Bahnhofsgebäude in Sachsen.
Gerade diese Bahnlinie brachte den wirtschaftlichen und industriellen Aufstieg für Pirna, da sich in den Siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts entlang der Strecke mehrere Industriebetriebe ansiedelten. Auch der Bau einer steinernen Brücke über die Elbe und die damit einhergehende Verlegung des Bahnhofs trugen zum Aufschwung der Stadt bei. Viele der in der Folgezeit errichteten gründerzeitlichen Bauten sind bis heute erhalten geblieben bzw. wurden inzwischen rekonstruiert. Wie so viele Städte Deutschlands hatte auch Pirna eine dunkle Zeit zu überstehen. Unrühmliche Bekanntheit erlangte hierbei die in der Festung Schloss Sonnenstein untergebrachte Heilanstalt für geistig kranke Menschen. Ursprünglich zur Anstalt für als heilbar angesehene Geisteskranke angelegt, konnte sie wegen ihres guten Rufes bis 1914 durch zahlreiche Neubauten erweitert werden. 1928 wurde Hermann Paul Nitsche zum Direktor der auf über 700 Patienten angewachsenen „Heilanstalt Sonnenstein“ berufen. Mit seinem Amtsantritt begann die systematische Ausgrenzung der chronisch psychisch Kranken. Im Rahmen der später so genannten „Aktion T4“ wurden systematische Euthanasiemorde an mehr als 70.000 geistig und körperlich behinderten Menschen verübt. Auf dem Sonnenstein allein wurden 13.720 Menschen in einer Gaskammer ermordet. Von 1954 bis 1991 wurde ein großer Teil des Geländes überwiegend betrieblich vom Strömungsmaschinenwerk zum Bau von Flugzeugturbinen genutzt. Heute befindet sich hier eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die Opfer, wobei ein aus 16 Tafeln bestehendes Wegweisersystem vom Pirnaer Bahnhof über das Stadtzentrum hinauf zum Sonnenstein führt. Dass sich hier neben einer für das Maschinenwerk errichteten Wohnsiedlung im Plattenbau-Stil auch das DDR-Museum Pirna befindet, rundet die Bedeutung dieses Bereiches für die Stadt noch ab.
Auch für die Halle, in der das Team um Spielertrainer Tobias Wannenmacher am Abend antritt, war der Sonnenstein namensgebend. Gegner ist der heimische ESV Lokomotive Pirna. Mit Ausnahme von Thorsten Schneider (65 Tore) kann Trainer Petr Hazl auf seinen kompletten Kader zurückgreifen. Der Ausfall des Rückraumspielers sollte jedoch zu verkraften sein. Mit Jiri Boucek (117 Tore) und Jiri Havlat (106 Tore) sowie Nils Jürschke (81 Tore) ist der Rückraum der Sachsen äußerst stark besetzt. Daneben müssen die Oberpfälzer versuchen, sowohl Kreisläufer Gasper Martinc (106 Tore) und vor allem Linksaußen Dusan Milicevic (199 Tore) einigermaßen in Schach zu halten. Im Hinspiel gelang dies nur bedingt. Zwar konnten die Blau-Weißen während der gesamten Partie einen Vorsprung von mehreren Toren halten und führten sieben Minuten vor dem Schlusspfiff noch mit 22:19, mussten jedoch innerhalb der letzten beiden Minuten nicht nur den Ausgleich, sondern die erste Führung und damit den Siegtreffer für Pirna hinnehmen. Eine bittere Niederlage in einem fast schon sicher geglaubten Spiel.
„Ich denke, wir sind seither als Team noch weiter gereift“ meinte Tobias Wannenmacher unter der Woche. „Zudem ist die Situation heute eine komplett andere als noch vor Weihnachten.“ Damit sprach er die Lage in der Tabelle an. Der SV 08 ist neben dem GSV Gensungen/Felsberg das einzig noch verbliebene Team der Staffel Ost im Kampf um den Klassenerhalt, nachdem die HSG Pohlheim und der LHC Cottbus bereits als sportliche Absteiger feststehen und die Mannschaften aus Sachsen (HC Elbflorenz Dresden und ESV Lok Pirna) und Sachsen-Anhalt (HC Aschersleben) das rettende Ufer bereits erreicht haben.
Nach dem Rückzug vom Rückzug der TG 1860 Münden findet in dieser Saison nun voraussichtlich doch keine Abstiegsrelegation statt, sodass der Tabellenplatz 14 automatisch den Gang in die Oberliga nach sich zieht. Diesen belegt momentan mit einem Punkt Rückstand das Team aus dem nordhessischen Gensungen, Gegner der Blau-Weißen im letzten Spiel der Saison.
„Pirna hat am vergangenen Wochenende gegen Bad Neustadt gewonnen und hat damit den Sack zu gemacht. Ob sie jetzt auch noch Rang 10 mit letzter Konsequenz erreichen wollen, darf uns im Voraus nicht interessieren. Wir müssen und werden alles geben, um möglichst doppelt zu punkten und damit die Entscheidung vorzeitig herbeizuführen“ lautete die Vorgabe von Tobias Wannenmacher für die Partie am Samstag.
Aufstellung: Adam, Walzik, Tannenberger, Ma. Werner, Weiss, Hofmann, Mi. Werner, Bader, Hackenberg, Wannenmacher, Schnödt, Reger, Schmidtke, Schöttner