Unter dem Motto „Leipzig ist immer eine Reise wert“ bricht der blau-weiße Fan-Tross bereits am Samstag um 09:00 Uhr in Richtung Leipzig auf. Nach einem sicherlich sehenswürdigen Tag in der Sachsenmetropole mit Sightseeing, Abendessen in Auerbachs Keller und Erkundung des Nachtlebens, sowie Übernachtung und weitere Besichtigung einiger der vielen Attraktionen der Stadt, geht es am Sonntag zum Drittligaspiel nach Markranstädt.
Die Kleinstadt mit knapp 15.000 Einwohnern liegt etwa 10 Kilometer südwestlich von Leipzig am Westufer des Kulkwitzer Sees und hatte bereits mehrfach Berührungspunkte mit der Weltgeschichte. Vermutlich als eine Tochtergründung des benachbarten Klostergutes Altranstädt entstanden, wird es 1287 als Marktort und 1354 als Stadt erwähnt. Das Schloss Altranstädt war von 1706 bis 1707 das politische Zentrum Nordeuropas, als der schwedische König dort sein Hauptquartier nahm. Noch heute kündet ein Jubiläumsobelisk von dieser Zeit. Seine zweite weltgeschichtliche Erwähnung verdiente sich Markranstädt im Juli 1807, als Napoleon Bonaparte samt Gefolge zum ersten mal im Gasthof „Zum Rosenkranz“ nächtigte und im Oktober 1813, als er auf seinem Rückzug nach der „Völkerschlacht bei Leipzig“ erneut dort gastierte. Eine wirtschaftliche Blüte erlebte Markranstädt gegen Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich durch das Kürschnergewerbe, den Maschinenbau, die „Markranstädter Automobilfabrik“ und vor allem die „Markranstädter Brauerei“. Sie war bis zum Zweiten Weltkrieg weithin bekannt für ihr „Markranstädter Pilsener“. Bei so viel kulturellem Angebot gerät die Tatsache, dass der ehemalige Verleger und Comicproduzent Rolf Kauka hier geboren wurde und nahezu sein ganzes Leben hier verbrachte fast in den Hintergrund.
Die Stadt bezeichnet sich heute selbst als „Sportstadt“. Das 2007 neu eröffnete Sportcenter ist die größte Ballsporthalle im Landkreis Leipzig und beherbergt seit einiger Zeit auch die Drittligaheimspiele der SG LVB Leipzig. Die „Straßenbahner“ waren dabei in der Vergangenheit in der Lage, die Halle in eine Festung zu verwandeln. Dass sie lange Zeit keinen einzigen Heimpunkt abgaben, war wohl einer der Gründe für den hervorragenden dritten Tabellenplatz der letzten Saison. Auch deshalb ist es für Viele überraschend, dass man die Sachsen in der aktuellen Runde bisher eher am unteren Ende der Tabelle findet. Erst durch den am vergangenen Wochenende errungenen ersten Heimsieg (31:25) im Nachholspiel gegen den HSC Bad Neustadt kletterten sie auf Rang 11 in die direkte Nachbarschaft des SV 08 Auerbach. „Ich denke nicht, dass Leipzig ein Team ist, das mit dem Abstieg etwas zu tun haben wird“ warnte denn auch Tobias Wannenmacher davor, den kommenden Gegner in irgendeiner Form zu unterschätzen. „Die SG hatte zwar einige wichtige Abgänge zu verkraften, hat diese aber mit ein, zwei erfahrenen und etlichen guten jungen Spielern aus der A-Jugend-Bundesliga kompensiert.“
Damit sprach er den Umbruch bei den „Straßenbahnern“ an, der am Ende der vergangenen Saison stattgefunden hat. So verließ nach vielen Jahren als Spieler, Co- und Cheftrainer Torsten Löther den Verein und übergab die Kommandobrücke an Nils Kühr (38), bisher Co-Trainer des Teams. Der Diplom-Sportwissenschaftler musste mit ansehen, wie mit Tom Hanner, Florian Pfeiffer (beide nach Dessau), Patrik Baum und Kreisläufer Oliver Wendlandt (Vertrag nicht verlängert) und Torhüter Andreas Nositschka (TV Großwallstadt) einige der Leistungsträger den Verein verließen. Zudem beendete der finnische Kreisläufer Tommi Sillanpää seine Karriere und fungiert nun „nur noch“ als Geschäftsführer des Teams. Dafür kehrte jedoch Steve Baumgärtel vom Liga-Konkurrenten MSG Groß-Bieberau/Modau in die Stadt zurück. Zuvor war der 31-jährige Linkshänder lange Zeit beim Stadtrivalen und inzwischen Erstligisten SC DHfK Leipzig tätig. Zweiter erfahrener Neuzugang ist der ebenfalls 31-jährige Mittelmann Peter Kerkapoly. Der weitgereiste Ungar kam vom Viertligisten HSG Werratal, kam bisher jedoch noch nicht zum Einsatz.
Daneben profitiert die SG LVB vom Höhenflug des zweiten Leipziger Teams. Der Bundesligist benötigte einen Partner für seine Nachwuchsspieler und da erwies sich die Kooperation mit dem Drittligisten als äußerst sinnvolle Lösung. So könne die „Straßenbahner“ nunmehr einige der A-Jugend-Bundesligaspieler des SC DHfK mittels Zweitspielrecht einsetzen. Diese sind in erster Linie Jan Guretzkij (17), Jonas Hellmann (18), Jonas Hönicke (18), Vincent Neudeck (18), Gregor Remke (17) und Philip Jungemann (18). Letzterer hat sich bereits elfmal in die Torschützenliste eingetragen und zeigte damit seine Qualitäten. Die meiste Torgefahr jedoch geht eindeutig von den übrig gebliebenen Stammkräften aus. Die zweitligaerfahrenen ehemaligen Jugend-Nationalspieler Georg Eulitz (19 Tore) auf Rechtsaußen und Sascha Meiner (42 Tore) auf der gegenüberliegenden Seite bilden dabei eine torgefährliche Zange, während David Heinig (33 Tore) im linken und Steve Baumgärtel (39 Tore) im rechten Rückraum die Abwehr des Gegners stets unter Druck setzen. Am Kreis agiert mit Hannes Zerrenner ein alter Bekannter aus seiner Zeit beim HaSpo in Bayreuth.
„Leipzig hatte, ähnlich wie wir, bisher ein sehr schweres Programm zu bewältigen, hatte fast die gleichen Gegner wie wir und hat fast den gleichen Teams die Punkte abgenommen. Ich erwarte ein Spiel zweier Mannschaften auf Augenhöhe. Allerdings müssen wir schon ähnlich auftreten, wie vor zwei Wochen, wenn wir hier etwas gewinnen wollen“ erhofft sich Tobias Wannenmacher eine ähnlich konzentrierte Leistung seines Teams wie zuletzt in Fürstenfeldbruck. „Nur wenn alle wieder an ihre Grenzen gehen, haben wir auch gegen Leipzig eine Chance und können Platz 10 gegen sie verteidigen.“
Aufstellung: Bayerschmidt, Goebel, Weiss, Neuß, Lux, Wannenmacher, Laugner, Herold, Büttner, Schramm, Müller, Wolf, Schöttner